Akzeptanz und Selbstmanagement
Es ist nicht immer leicht, für sich selbst zu akzeptieren, eine Autoimmunkrankheit wie den systemischen Lupus erythematodes (SLE) zu haben. Und es ist eine chronische Krankheit, denn Lupus ist bislang nicht heilbar. Häufig kommt erschwerend hinzu, dass das eigene Umfeld mit dieser seltenen Erkrankung zunächst nicht viel anfangen kann und es oft an Verständnis fehlt. So kann es passieren, dass du auch noch Aufklärungsarbeit bei anderen leisten musst. Kurzum: Es kann ziemlich herausfordernd sein, eine solche Erkrankung zu akzeptieren und ein Leben mit dem Lupus zu führen. Hier liest du, wie du lernen kannst, damit bestmöglich umzugehen.
Die Krankheit akzeptieren, sie bewältigen und sich selbst durch die Krankheit mit all ihren alltäglichen Hürden zu manövrieren (Selbstmanagement) sowie mit einem kräftezehrenden Krankheitsverlauf umgehen: Diese drei Ansätze stellen wir dir nun vor.
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Krankheitsakzeptanz
Du hast eine chronische Autoimmunkrankheit. Je mehr du das eigene Kranksein bei Lupus akzeptierst, umso besser kann es gelingen, deinen ganz eigenen Umgang mit den möglichen unterschiedlichen Belastungen und daraus vielleicht entstehenden Frustrationen zu finden. Beim Lupus können Belastungen sowohl durch die Symptome selbst (vielleicht möchtest du dazu nochmal hier nachlesen) als auch durch die Veränderungen im eigenen Alltag auftauchen.
Bekannte Belastungsfaktoren einer Lupuserkrankung1 können sein:
Eine hohe Krankheitsakzeptanz erleichtert es den Betroffenen, sich auf Therapievorschläge und eine gute Zusammenarbeit mit behandelnden Ärzt*in einzulassen, was wiederum den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen kann. Der Weg zur Akzeptanz des Lupus setzt eine Krankheitsbewältigung und ein gutes Selbstmanagement voraus.
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Krankheitsbewältigung und Selbstmanagement
Dass du dich mit deinem Lupus aktiv auseinandersetzt, ist die Voraussetzung, um die eigene Erkrankung zu bewältigen und dein Gleichgewicht mit ihr zu finden. Menschen entwickeln verschiedene Bewältigungsstrategien, die auch als Copingstrategien („to cope“ (engl.) = bewältigen) bezeichnet werden, um belastende Erfahrungen zu meistern. Um für sich selbst die eigenen Bewältigungsstrategien zu entwickeln und auszubauen, kann die Auseinandersetzung mit der Krankheit auf unterschiedlichen Ebenen erfolgen.
So wirst du zur Expert*in für deinen Lupus:
- durch Information
- durch Patientenschulungen
- durch die Stärkung des Selbstmanagements
- durch Psychotherapie
1. InformationAus Untersuchungen ist bekannt, dass gerade Rheumapatient*innen sich besonders viel über ihre Erkrankung informieren wollen. Je nach Krankheitsdauer und Schwere ist das Informationsbedürfnis unterschiedlich ausgeprägt und die Betroffenen wissen auch unterschiedlich viel. Als informierte Patient*in gilt, wer die eigene Krankheit kennt und auch die Faktoren, die den Verlauf der Krankheit positiv oder negativ beeinflussen. Eine gut informierte Lupuspatient*in kann Ursachen von Beschwerden erkennen und unterscheiden sowie gemeinsam mit den behandelnden Ärzt*innen wichtige Weichenstellungen mittragen.2 Informationen zum Lupus geben natürlich die Ärzt*innen. Weitere wichtige Quellen sind beispielsweise die Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e. V. (mehr zu Selbsthilfe liest du hier), Patientenschulungen, Bücher – und, so viel Eigenwerbung sei erlaubt, diese Website.
2. PatientenschulungenPatientenschulungen sind mehrstündige, strukturierte Gruppenprogramme für Betroffene. Strukturierte Schulungen werden in vielen Fach- und Rehakliniken angeboten. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e. V. (DGRh) unterstützt seit vielen Jahren Patientenschulungen zu unterschiedlichen rheumatologischen Krankheitsbildern. In den Schulungen geht es darum, fachliches Wissen über die Erkrankung zu sammeln und sich mit der eigenen Erkrankung auseinanderzusetzen.3 Ziel ist es, Menschen in die Lage zu versetzen, ihren Lupus möglichst selbstständig zu bewältigen – indem sie zu Expert*innen der eigenen Erkrankung werden.4
Es gibt auch Patientenschulungen in Form von Seminaren, die zum Beispiel von der Rheuma-Liga oder der Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e. V. angeboten werden.
3. Stärkung des SelbstmanagementsGerade dann, wenn die Lupus-Diagnose noch frisch ist oder der Verlauf der Erkrankung besonders herausfordernd ist, können Betroffene das Gefühl haben, dass die Krankheit ihr Leben komplett bestimmt. Eine Stärkung des Selbstmanagements soll genau dann dazu beitragen, das Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen und einen guten Umgang mit der Erkrankung zu entwickeln.5 Unter Anleitung und in einer geschützten Gruppe gelingt die Stärkung des Selbstmanagements am einfachsten. Die Rheuma-Liga hat dazu ein Kursprogramm der amerikanischen Stanford-Universität weiterentwickelt. Diese Selbstmanagement-Kurse werden an unterschiedlichen Orten angeboten und stehen Lupuspatient*innen offen. Thematisch geht es um den Umgang mit der Erkrankung, um Bewegungs- und Entspannungstechniken, Ernährung, Schmerzbewältigung und um die medizinische Versorgung.6 Weitere Informationen, auch zu Kursangeboten in der Nähe, finden sich hier: https://www.rheuma-liga.de/angebote/selbstmanagement
In aller Kürze: Was bringt ein Selbstmanagement-Kurs?
Du erfährst, wie du…
4. PsychotherapieDie ärztliche Sicht auf eine Lupuserkrankung unterscheidet sich oft von der Perspektive der Patient*innen. Während Mediziner*innen hauptsächlich auf die bestehende Krankheitsaktivität und die besonders wichtigen Organe wie die Nieren achten, möchten Betroffene auch einen Schwerpunkt auf Erschöpfung, verminderte Belastbarkeit und Unvorhersehbarkeit des Krankheitsverlaufs legen. Diese Symptome sind nur schwer zu diagnostizieren und meist gibt es dafür keine greifbaren Befunde, Laborwerte oder ähnliches (mehr zum psychischen Wohlbefinden liest du hier). Daher haben Ärzt*innen dies weniger im Fokus der Behandlung. Die notwendige und wichtige Unterstützung der Patient*innen bei diesen Themen kann aus der Psychotherapie kommen: Bisherige Forschungsergebnisse zeigen auf, dass eine zeitlich begrenzte sogenannte „verhaltenstherapeutische Intervention“ eine effektive Behandlungsoption für diese Belastungen sein kann. Sie kann einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Krankheitsbewältigung zu unterstützen und die Lebensqualität bei Lupus zu erhalten.8
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Umgang mit einem kräftezehrenden Krankheitsverlauf
So individuell wie der Krankheitsverlauf bei jeder oder jedem Lupus-Betroffenen ist, so persönlich geprägt ist auch die jeweilige Lebenssituation und die damit einhergehende Anstrengung im Leben mit Lupus. Es kann phasenweise oder auch dauerhaft wirklich kräftezehrend sein. Symptome und deren Folgen können vor Augen führen, dass Gesundheit verloren gegangen ist. Darauf mit Trauer zu reagieren, ist absolut verständlich. Trauer ist zunächst eine gesunde Reaktion, die nicht nur beim Verlust eines geliebten Menschen auftreten kann, sondern auch bei Verlusterfahrungen durch eine schwere chronische Erkrankung. Trauer verläuft in Phasen und kann mit vielfältigen Gefühlen einhergehen. Ein Modell der Psychiaterin Elisabeth Kübler-Ross beschäftigt sich mit Phasen der Bewältigung einer unheilbaren Erkrankung. Die Trauerphasen verlaufen nicht automatisch nacheinander, sondern es ist möglich, einzelne Phasen nie zu durchleben oder in eine frühere Phase zurückzufallen. Jede Phase hat eine Funktion, weshalb Trauer nicht ein Problem ist, sondern vielmehr Teil der Lösung. Sich einen Überblick über die Trauerreaktionen und deren Funktionen zu verschaffen, kann dir vielleicht helfen, deine Gefühle besser einzuordnen und mehr Verständnis für dich selbst zu entwickeln.
Phasen nach Kübler-Ross9:-
1. Nicht wahrhaben wollen: Diese Phase kann direkt nach der Diagnosestellung auftreten und bezeichnet eine Form der Verdrängung. Die Betroffenen leben ihr Leben so weiter, als sei nichts gewesen. Sie zweifeln an der Diagnose oder suchen Rat bei anderen Ärzt*innen. Diese Phase schützt die Psyche vor Überforderung und hilft, Zeit zu gewinnen, um sich an den Gedanken zu gewöhnen. Verdrängung kann während des Krankheitsprozesses immer wieder auftauchen, etwa bei Lupus-Schüben oder in Phasen hoher Krankheitsaktivität.
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4. Depression: Das Trauern um die Verluste, die die Krankheit mit sich bringt, kann zu einer depressiven Verstimmung führen. Dies kann eine Reaktion auf den Verlust persönlicher oder beruflicher Chancen sein. Diese Phase geht nicht selten mit einem hohen Mitteilungsbedürfnis einher, und das Mitteilen kann Entlastung schaffen. Wenn diese Phase sich zu einer Depression auswächst, sollte dringend medizinisch-psychologische Hilfe in Anspruch genommen werden. Die Ärzt*in kann dazu beraten.
Wenn du den Verlauf deines Lupus als besonders kräftezehrend erlebst, dann sprich dies unbedingt bei deiner Hausärzt*in oder Rheumatolog*in an. Deine behandelnde Ärzt*in kann dir eine Psychotherapeut*in empfehlen, um dich begleiten zu lassen. Um so weit wie möglich wieder in den Alltag zurückzukehren, kann dir vielleicht eine Rehabilitationsmaßnahme (Reha) helfen. Wie die medizinische Betreuung durch eine Ärzt*in gehört auch eine Reha zu den Behandlungsmöglichkeiten der Erkrankung. In Deutschland sind Rehabilitationsleistungen Aufgabe der verschiedenen Sozialleistungsträger, besonders der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung. Deine behandelnde Ärztin wird dich beraten, ob eine Rehabilitationsleistung angebracht ist, und das weitere Vorgehen mit dir besprechen.
Weitere Informationen zum Thema Reha findest du unter: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/rehabilitation.html.
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Quellen
[1] Schneider, M., Haupt, M. Krankheitsbewältigung bei systemischem Lupus erythematodes. Z Rheumatol 74, 591–596 (2015). https://doi.org/10.1007/s00393-014-1556-z
[2] Cattelaens, K., Schewe, S. & Schuch, F. Treat-to-Target – Beteiligung der Patienten. Z Rheumatol 78, 416–421 (2019). https://doi.org/10.1007/s00393-019-0629-4
[3] DGRH. Patientenschulung in der Rheumatologie. URL: https://dgrh.de/Start/Versorgung/Patienteninformation-und--schulung/Patientenschulung.html (Zugriff am 15.11.2022)
[4] Faller. H., Ehlebracht-König, I. & Reusch, A. (2015). Empowerment durch Patientenschulung in der Rheumatologie, Zeitschrift für Rheumatologie, 74: 603–608 DOI 10.1007/s00393-014-1558-x.
[5] Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (o.j.): Herausforderung Rheuma – nimm Dein Leben in die Hand! Kurse zum Selbstmanagement. 4. Auflage. Bonn.
[6] Ebd.
[7] Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e.V. (o.J.): Herausforderung Rheuma – nimm Dein Leben in die Hand! Kurse zum Selbstmanagement. 4. Auflage. Bonn.
[8] Schneider, M., Haupt, M. Krankheitsbewältigung bei systemischem Lupus erythematodes. Z Rheumatol 74, 591–596 (2015). https://doi.org/10.1007/s00393-014-1556-z
[9] Kübler-Ross, E., Kesseler. Dem Leben neu vertrauen: Den Sinn des Trauerns durch fünf Stadien des Verlustes finden (2006). Kreuz Verlag.
NP-DE-LPU-WCNT-220045, Feb23