Lupusnephritis: Wenn die Nieren betroffen sind

Wenn die Nieren beim Lupus beteiligt sind, sprechen Fachleute von einer Lupusnephritis – genau übersetzt bedeutet das eine „durch den Lupus verursachte Entzündung der Nieren“. Sie ist die häufigste schwere Organbeteiligung und wirkt sich stark auf den gesamten Krankheitsverlauf und die Langzeit-Prognose aus. Deshalb sollte immer versucht werden, eine Nierenbeteiligung zu verhindern. Manchmal tritt sie aber schon früh auf oder führt als erstes schweres Lupus-Zeichen überhaupt erst zur Diagnose. Dann ist das zentrale Ziel, möglichst schnell eine Remission (Abklingen der Entzündung) zu erreichen. Danach sollte möglichst nie wieder einen Nieren-Schub auftreten. Lies hier mehr dazu.

Therapieziele Lupuscheck Icon Finish-Line
Icon Lupuscheck Glühbirne

Das Tückische daran: du merkst eine Nierenbeteiligung erst mal gar nicht – deshalb sind Kontrollen zur Früherkennung so wichtig. 

Du brauchst deine Nieren

Schauen wir zunächst darauf, warum deine Nieren so wichtig sind. Deine beiden Nieren sind lebenswichtige Organe, die eine ganze Reihe wichtiger Aufgaben erfüllen:

Du siehst, deine Nieren sind kleine Wunderwerke, die an vielen wichtigen Prozessen im Körper beteiligt sind. Es ist daher wichtig, sie so lange wie möglich gesund zu erhalten.

Wenn deine Nierenfunktion abnimmt

Mit dem ganz normalen Älterwerden verlieren die Nieren ganz langsam an Leistung. Das kannst du an der blauen Linie im Schaubild unten sehen. Weil die Nieren so wichtig für einen Menschen sind, bringen sie aber eine große Reserveleistung mit (und könnten deinen Körper sogar viel länger entgiften als du normalerweise lebst). Erst wenn ca. 50 % der Nierenleistung ausfallen, treten Symptome auf, die noch dazu häufig sehr unspezifisch sind: Dazu gehören Müdigkeit, Abgeschlagenheit, Juckreiz, Appetitlosigkeit etc. Dies macht eine Früherkennung daher umso schwieriger.

 

Werden die Nieren aber im Verlauf des Lebens geschädigt, wird ihre Lebensdauer verkürzt – je schwerer die Schädigung ist, desto mehr Nierenzellen gehen unwiederbringlich verloren. Eine mögliche Ursache dafür ist eine Entzündung wie die Lupusnephritis. Bei jeder Entzündung und jedem Schub einer Lupusnephritis sterben Nierenzellen ab und die können auch nicht wieder neu gebildet werden. Diese Entwicklung siehst du anhand der roten Linie im Schaubild

Icon Lupuscheck Glühbirne

Weniger Nierenzellen bedeutet auch weniger Nierenfunktion und je mehr Nierenfunktion verloren geht, desto kleiner wird die Reserve der Nieren. Die Schädigung der Nieren ist deshalb eine der meistgefürchteten Organschäden beim Lupus.

Therapieziele Lupuscheck Icon Finish-Line

Fünf Stadien der Verschlechterung

Die zunehmende Verschlechterung der Nierenfunktionen nennen die Ärzt*innen „Nierenkrankheit“. Je schlechter die Nierenfunktion wird, desto niedriger wird die „glomeruläre Filtrationsrate“, kurz: GFR. Das ist die Filterfunktion der Nieren – und der Wert sagt, welche Menge Blut die Nieren in einer Minute filtern können.

Die Nierenkrankheit wird in fünf Stadien unterteilt, die du am rechten Rand des Schaubilds oben siehst: Ab Stadium 1 kann Eiweiß im Urin auftreten. Ab Stadium 3 steigen im Blut die Werte der Stoffe an, die die Niere nicht mehr ausscheiden können (Kreatinin und Harnstoff), was sich im Stadium 4 massiv verstärkt. Stadium 5 ist das (fast) vollständige Nierenversagen – die so genannte terminale Nierenkrankheit. Die Nieren schaffen die Blutreinigung nicht mehr und die Substanzen, die zwingend über den Urin ausgeschieden müssen, vergiften das Blut. Jetzt gibt es nur noch zwei Möglichkeiten:

  • entweder eine regelmäßige Dialyse (eine Blutreinigung über eine Maschine 3x pro Woche, alternativ die Bauchfelldialyse, die kontinuierlich stattfindet)
  • oder eine Nierentransplantation, also eine neue Niere.
Therapieziele Lupuscheck Icon Finish-Line

Bis dahin ist es aber ein langer Weg. Auf diesem Weg kann man entweder eine Nierenbeteiligung noch ganz verhindern oder bei einem Nierenschub durch eine optimale Therapie dafür sorgen, dass die Nieren sich bestmöglich wieder erholen und es möglichst nie wieder zu einem weiteren Schub kommt. Diese Entwicklung siehst du anhand der rosa Linie im Schaubild oben. Zentrales Ziel ist, wie immer beim Lupus, den Organschaden (an den Nieren) zu minimieren. Deine Nierenfunktion soll für dein ganzes Leben reichen.

Was tun, damit du keine Lupusnephritis bekommst?

Die beste Möglichkeit, eine Nierenbeteiligung zu verhindern, ist eine optimale Lupus-Therapie von Anfang an. Schau dazu gerne in die Kapitel unter „Therapie“, besonders „Therapieziele“ hier, „Medikamentöse Therapie“ hier und „Leitlinien“ hier. Wenn es frühzeitig gelingt, deinen Lupus zu beruhigen und in Remission zu bringen, ist das der erste wichtige Schritt. Damit das so bleibt, musst du selbst deinen Lupus und deinen Körper gut im Blick behalten. Durch eine gute Ernährung, genug Bewegung, Stressvermeidung und die Basismaßnahmen wie z. B. Antimalariamittel und Sonnenschutz – mehr dazu hier – kannst du selbst viel zur Stabilität beitragen. 

Trotzdem sind regelmäßige Kontrolluntersuchungen extrem wichtig. Dabei wird deine Ärzt*in immer auch deinen Urin auf eine Eiweißausscheidung (Fachbegriff: „Albuminurie“) untersuchen und auch die Nierenwerte (Fachbegriff: „Kreatinin im Serum“) kontrollieren, um sicher zu sein, dass mit den Nieren alles in Ordnung ist. So könnten Frühzeichen einer Nierenbeteiligung erkannt werden, lange bevor du selbst sie bemerken würdest.

Tipps und Tricks

Behalte ruhig selbst im Auge, dass diese Nierenkontrollen auch immer gemacht werden, und bitte sonst darum. 

Diagnose einer Lupusnephritis

Wie schon gesagt, würdest du eine Nierenbeteiligung oft erst (zu) spät bemerken. Einige mögliche Anzeichen:

Das musst du auf jeden Fall sofort ärztlich untersuchen lassen!

Oft geben die Laborwerte einen ersten Hinweis darauf, dass mit den Nieren etwas nicht stimmt. Ist der Urin auffällig, wird er noch weiter untersucht. Es werden auch Werte im Blut bestimmt, darunter die Nierenwerte (z. B. Kreatinin, Cystatin C), die GFR (siehe oben), Antikörper (z. B. anti-dsDNA) oder Komplementfaktoren (erfahre mehr dazu im Kapitel Laborwerte hier). Besteht der Verdacht auf eine aktive Nierenbeteiligung, gilt es, keine Zeit zu verlieren und die Ursache dafür zu finden, um sicher zu wissen: Ist es eine Lupusnephritis oder steckt etwas anderes dahinter?

Um das sicher herauszufinden, gibt es nur eine einzige Untersuchung: die so genannte Nierenbiopsie. Bei Verdacht auf eine aktive Lupusnephritis sollte sie zur Sicherung der Diagnose zügig durchgeführt werden. Dabei wird in einem kleinen Eingriff mit einem Stanz-Zylinder (das ist so etwas wie eine dicke Kanüle) etwas Nierengewebe durch Punktion aus der Niere gewonnen, dann aufbereitet und unter dem Mikroskop genauestens untersucht. Dabei kann man direkt sehen, wie es den Nieren geht, ob eine Entzündung vorliegt oder schon chronische Schäden bestehen und welche Zellen und Strukturen der Nieren davon betroffen sind. Davon, was genau mit den Nieren nicht stimmt, hängt dann auch der nächste Schritt ab, nämlich die Wahl der Therapie.

Klassen der Lupusnephritis

Nach den Befunden im Mikroskop unterteilt man eine Lupusnephritis in 6 Klassen:

  • Klassen 1 und 2

    Dies sind eher frühe Stadien, bei denen man häufig noch keine spezifische Lupusnephritis-Therapie einleiten muss, sondern vor allem die Grunderkrankung Lupus/SLE behandelt.

  • Klassen 3, 4 und 5

    In diesen Klassen liegt gerade eine akute Entzündung vor, die die Nierenfunktion beeinträchtigen kann, falls man sie nicht schnell genug in den Griff bekommt. Diese drei Klassen werden sofort intensiv mit mehreren Medikamenten behandelt, wobei sich die Therapie nach der Klasse richtet.

    • Klasse 3 und 4 sind am häufigsten und unterscheiden sich im Ausmaß des betroffenen Nierengewebes – bei Klasse 3 sind unter 50 % betroffen, bei Klasse 4 über 50 %. Sie betreffen direkt wichtige Zellen in den Funktionseinheiten der Nieren, den so genannten Glomeruli, und auch die Bereiche dazwischen (das so genannte Interstitium). Lass dir diese Funktionseinheiten am besten von deiner Ärzt*in erklären.
    • Klasse 5 kann allein oder in Verbindung mit Klasse 3 oder 4 auftreten. Sie wird auch „membranöse Lupusnephritis“ genannt. Bei dieser Form der Lupusnephritis ist oft der Eiweißverlust besonders groß.
  • Klasse 6

    Diese Klasse bildet das Endstadium mit nahezu zerstörten Nieren (über 90 %, auch terminale Nierenerkrankung genannt), bei denen es keine Therapie mehr gibt, die die Nierenfunktion wiederherstellen könnte. Hier würde die Therapie entsprechend der anderen vorliegenden Lupus-Beschwerden durchgeführt werden. 

Therapie der Lupusnephritis – in den „akuten“ Klassen 3, 4 und 5

Bitte beachte, dass es hier ausschließlich um die medikamentöse Therapie der Klassen 3, 4 und 5 geht. Das Wichtigste bei der Lupus-Therapie: sie muss schnell eingeleitet werden und intensiv sein, um die Entzündung so schnell wie möglich zu durchbrechen. Da darf man keine Zeit mit Rumprobieren oder einer nicht ausreichenden Therapie verlieren.

Lupuscheck Icon Lupe
Die Lupus-Spezialist*innen sagen: „Zeit ist Gewebe“ – was so viel bedeutet wie „je mehr Zeit du bis zur Krankheitsberuhigung brauchst, desto mehr Nierenzellen sind unwiederbringlich verloren gegangen“. 

Zusätzlich zur speziellen Lupusnephritis-Therapie bekommst du oft weitere Medikamente, die wichtig für deinen Lupus sind (z. B. Antimalariamittel oder Vitamin D), deinen Nieren helfen oder wichtig für deine Begleiterkrankungen oder Risikofaktoren (z. B. Bluthochdruck) sind.

Für die gezielte Therapie der Lupusnephritis gibt es Leitlinien (mehr dazu hier) und klar empfohlene Therapie-Regime – also festgelegte Kombinationsmöglichkeiten von Medikamenten und auch Vorgaben zur Behandlungsdauer.

Akut-Therapie

Man beginnt die Akuttherapie der Lupusnephritis mit einem Zweifach- oder Dreifach-Regime (das bedeutet, dass zwei oder drei Wirkstoffklassen an Medikamenten eingesetzt werden). Es wird so gut wie immer entweder Mycophenolat oder Cyclophosphamid zusammen mit Kortison gegeben (intravenöse Puls-Gaben – also hohe Dosierung direkt zu Beginn, dann Tabletten in möglichst schnell zu reduzierender Dosis). Für eine noch intensivere Therapie kann man kann von Anfang an ein drittes Medikament dazu geben (Dreifach-Regime).

Tipps und Tricks

Der Therapieerfolg der Akut-Therapie einer Lupusnephritis (LN) wird vor allem anhand der Eiweiß-Ausscheidung (Proteinurie) und der Nierenfunktion (GFR) bewertet. 

Wie es nach der Akut-Therapie weitergeht

Wenn die Nieren auf die Akuttherapie angesprochen haben, sollte die LN-Therapie für mindestens 3 Jahre fortgeführt werden, um sie langfristig zu stabilisieren und nochmalige Nieren-Schübe zu verhindern. Dabei sollte die zu Beginn gewählte Medikamentenkombination (auch Kombinations-Regime genannt, hier sind es 2 oder 3 Medikamente mit möglichst wenig Kortison) in der Regel beibehalten werden. Falls zu Beginn Cyclophosphamid gegeben wurde, sollte dieser Therapie-Baustein durch ein anderes Medikament ausgetauscht werden.

Ob, wann und wie genau die Therapie danach weiter reduziert wird, muss genau mit der Ärzt*in abgestimmt werden, um keine Risiken für die Nieren einzugehen. Manchmal wird im Verlauf auch noch einmal eine Nierenbiopsie gemacht, um das Therapie-Ergebnis zu bewerten und über das weitere Vorgehen zu entscheiden. All das ist wichtig, damit die Betroffenen lange gut mit ihren Nieren leben können und keine Dialyse oder Nierentransplantation benötigen.

Icon Lupuscheck Glühbirne

Deine Nieren sind es wert.

Auch wenn du im Rahmen einer Lupusnephritis viele Tabletten nehmen musst: Denke immer an den bestmöglichen Erhalt deiner Nieren. Das mit den vielen Tabletten wird später weniger, aber eine einmal verlorene Nierenfunktion bekommst du nicht zurück.

NP-DE-LPU-WCNT-240030, Sept 2024

Die LupusCheck-Expert*innen

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum 
Hamburg-Eppendorf
 

Das LupusCheck Expertenteam

Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz