Atherosklerose

Atherosklerose: Als Mensch mit Lupus solltest du dieses Wort unbedingt kennen. Es ist der medizinische Begriff für „Gefäßverkalkung“, also den normalen Alterungsprozess der Blutgefäße. Die Gefäße können sich langsam verengen und ganz verschließen, was sich als Herzinfarkt oder Schlaganfall zeigen kann. Atherosklerose ist einer der wichtigsten Organschäden beim Lupus. Bei einem länger bestehenden Lupus werden die Folgen einer Atherosklerose zur Todesursache Nummer 1, was ein zentrales Langzeit-Risiko auch für dich darstellt. Das Gute daran ist, dass du selbst – gemeinsam mit deiner Ärzt*in – einen großen Einfluss auf dein Atherosklerose-Risiko hast. Wir erklären dir, worauf du achten musst.

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Lupus-Patient*innen haben oft mehrere Risikofaktoren für eine frühzeitige Atherosklerose: Ganz zentral ist hier das Kortison. Die wichtigste Strategie bei der Atherosklerose ist die effektive Krankheitskontrolle mit so wenig Kortison wie möglich und einem gesunden Lebensstil – also ein gutes Risiko-Management, um dein persönliches Risiko zu minimieren. Wie das geht, dazu kommen wir gleich.

Was ist Atherosklerose?

Atherosklerose ist eine Krankheit, die sich langsam über Jahre und Jahrzehnte entwickelt und die man oft erst merkt, wenn sich erste Symptome entwickeln – was dann schon ziemlich spät ist.

Damit du genau weißt, was dieses Risiko beinhaltet, werden wir nun etwas fachlich: Atherosklerose spielt sich in der Innenhaut der Blutgefäße ab, dem so genannten Endothel. Zunehmende Einlagerungen von Fett, Bindegewebe, Kalk und kleinen Blutgerinnseln – man nennt sie Plaques - führen zu einer lokalen Entzündung, Verhärtung und einer langsam zunehmenden Verengung der Gefäße. Reißt ein solcher Plaque auf, kommt es zu einem akuten Gefäßverschluss durch sich dort ganz schnell bildende Blutgerinnsel, die auch mit dem Blutstrom weitergerissen werden können und dann ein Gefäß im Blutstrom verschließen können – wie ein Pfropfen.

Wo sich Atherosklerose auswirkt

Je nachdem, wo das passiert, sind die Symptome unterschiedlich, wobei die schwersten Symptome und Folgen diese sind:

  • Im Herz

    Die Herzkranzgefäße laufen um das Herz herum und versorgen mit ihren Verästelungen den Herzmuskel mit Blut. Können sie das Herz nicht mehr gut genug versorgen, tritt durch die Sauerstoff-Unterversorgung eine „Herzenge“ (Angina pectoris) auf – meist zuerst unter körperlicher Belastung. Bei einem akuten Verschluss eines Herzkranzgefäßes hat man einen akuten Herzinfarkt, der immer potenziell lebensbedrohlich ist und schwere Schädigungen am Herzen zur Folge haben kann.

  • Im Gehirn

    Ausgehend von den Halsschlagadern gibt es auch hier manchmal ähnlich wie beim Herzen Warnzeichen („TIA“) für eine verminderte Blutversorgung, die kommen und gehen können: „TIA“ steht für Transitorische Ischämische Attacke. Eine TIA ist eine kurze, meist nur Minuten andauernde Durchblutungsstörung im Gehirn. Bei einem kompletten Verschluss hingegen hat man einen Schlaganfall, bei dem Teile des Gehirns nicht mehr mit Blut versorgt werden. Auch das kann tödlich sein oder je nach Ausmaß schwere dauerhafte Beeinträchtigungen verursachen.

Eine Atherosklerose und diese schweren Folge-Ereignisse verringern die Lebenserwartung erheblich. Es ist bekannt, dass Menschen mit Lupus aufgrund ihres erhöhten Risikos für eine frühzeitige Atherosklerose ein mehrfach erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle haben. Im Verlauf der Erkrankung werden Folgen der frühen Atherosklerose bei Menschen mit Lupus zur häufigsten Todesursache. Deshalb ist es so wichtig, das Risikomanagement von Anfang an gut im Auge zu haben und die Risikofaktoren zu minimieren.

Atherosklerose-Risikofaktoren beim Lupus und wie du sie senken kannst

Wie anfangs beschrieben, geht es uns darum, dass du selbst – gemeinsam mit deiner Ärzt*in – einen großen Einfluss auf dein Atherosklerose-Risiko hast. Nun erfährst du mehr darüber, welche Risikofaktoren diese Krankheit begünstigen und wie du aktiv dazu beitragen kannst, dein Risiko zu senken.

Risikofaktor Lupus-Erkrankung selbst

Durch die Entzündungsprozesse, die dein Lupus in deinem Körper auslösen kann, erhöht sich bereits das Gefäß-Risiko. Das gilt auch dann, wenn gar keine anderen klassischen Risikofaktoren, wie Rauchen oder Bluthochdruck, dazukommen.

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Um dieses Atherosklerose-Risiko so gering wie möglich zu halten, müssen du und deine Ärzt*in genau das tun, was sowieso euer zentrales Ziel im Lupus-Management ist: Durch ein strukturiertes und konsequentes Krankheits-Management muss der Lupus so schnell wie möglich in Remission – also zur Ruhe – gebracht werden, und zwar auf Dauer. Wenn dein Lupus wirklich beruhigt ist, ist das Entzündungsgeschehen im Körper minimiert und damit auch das mit dem Lupus verbundene Atherosklerose-Risiko gesenkt.

Risikofaktor Medikamente

Verschiedene Medikamente können dazu beitragen, dass das Atherosklerose-Risiko erhöht ist. Gleichzeitig helfen sie jedoch auch dabei, den Lupus zu beruhigen, und haben dadurch wieder positive Effekte, die sich unter Umständen ausgleichen. Was aber ohne jeden Zweifel bewiesen ist: Kortison trägt massiv zum Atherosklerose-Risiko bei und damit zu den Organschäden beim Lupus (mehr zu Kortison findest du hier). Das passiert über mehrere verschiedene Wege – einerseits sind es direkte Effekte, andererseits beeinflusst Kortison auch andere Risikofaktoren negativ. Man schätzt, dass bis zu 80 % aller Organschäden beim Lupus sicher oder möglicherweise mit einer dauerhaften Gabe höherer Kortison-Dosen zusammenhängen. Als Maximalgrenze in der Dauertherapie wird 5 mg Prednisolon pro Tag angesehen. 

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Die Lösung klingt einfach: So weit wie möglich auf Kortison verzichten! Natürlich ist das leichter gesagt als getan, denn Kortison ist das einzige Medikament, das beim Lupus wirklich schnell – innerhalb von Stunden – entzündungshemmend wirkt.

Sicher weißt du diesen Effekt des Kortisons zu schätzen, und auch für die Ärzt*innen ist Kortison ein oft unverzichtbarer Therapiebaustein. Trotzdem gibt es einige Strategien, die helfen, das Kortison auf maximal 5 mg pro Tag und langsam weiter runterzubekommen – und vielleicht irgendwann in kleinen Schritten ganz abzusetzen:

Mehr zu den erwähnten Medikamenten findest du hier und zu den Leitlinien hier.

„Klassische“ Risikofaktoren

Es gibt eine Reihe von typischen Risikofaktoren für eine Atherosklerose, von denen du sicher schon gehört hast. Auch liegen einige dieser Risikofaktoren beim Lupus häufiger vor als in der Normalbevölkerung, und sie müssen bei den Arztbesuchen immer kontrolliert werden. Falls dabei Auffälligkeiten festgestellt werden, müssen sie in einen „gesunden“ Zielbereich therapiert werden, um das Atherosklerose-Risiko zu minimieren. Das bedeutet leider auch oft weitere Medikamente, um deine langfristige Prognose mit dem Lupus zu verbessern.

  • Rauchen

    Rauchen ist für jeden Menschen ungesund – das ist nicht neu. Beim Lupus ist es aber besonders schlimm. Rauchende Lupus-Patient*innen haben unter anderem mehr Schmerzen, mehr Hautveränderungen und sie sprechen auch schlechter auf das Basismedikament Hydroxychloroquin an. Es ist nicht einfach, mit dem Rauchen aufzuhören, aber es ist beim Lupus extrem wichtig. Es gibt viele Hilfsangebote, wenn du mit dem Rauchen aufhören möchtest – frag deine Ärzt*in und oft haben auch die Krankenkassen gute, teilweise auch digitale flexible Entwöhnungsprogramme.

  • Bluthochdruck

    Er stellt eine dauerhafte Belastung für die Blutgefäße dar. Zu einem hohen Blutdruck kann auch das Kortison beitragen. Der Zielwert für die Blutdruck-Einstellung liegt bei 120/80 mmHg – und um den zu erreichen, sind oft Medikamente erforderlich.

  • Hohes Cholesterin

    Cholesterin – und dabei insbesondere das LDL-Cholesterin – ist ein zentraler Risikofaktor für die Entstehung der Atherosklerose. Auch Kortison kann einen negativen Effekt auf das LDL-Cholesterin (das „böse“ Cholesterin) haben. Ist es zu hoch, werden sogenannte „Lipidsenker“ (fettsenkende Medikamente, „Statine“) gegeben, um das LDL-Cholesterin auf unter 100-120 mg/dl zu senken. Auch eine Ernährungsumstellung (mit einer professionellen Beratung!) kann hier gut unterstützen.

  • Diabetes mellitus = Zuckerkrankheit

    Auch hier spielt wieder das Kortison eine negative Rolle, denn es kann den Blutzucker erhöhen. Ist der Blutzucker zu hoch und hilft eine Ernährungsanpassung nicht ausreichend, müssen Medikamente gegeben werden (Tabletten oder Spritzen), um den Langzeitblutzucker-Wert (HbA1c) auf ca. 7 % zu reduzieren.

  • Übergewicht

    Idealerweise gelingt es, das Gewicht in den Normalbereich zu senken, um das Atherosklerose-Risiko zu reduzieren. Auch hier gibt es viele unterstützende Programme, unter anderem über die Krankenkassen.

  • Bewegungsmangel

    Genug Bewegung ist für jeden Menschen wichtig. Das gilt natürlich auch für den Lupus, bei dem Bewegungsmangel sowohl zum Atherosklerose-Risiko beitragen als auch einen negativen Einfluss auf die Fatigue haben kann. Also: runter vom Sofa und zumindest erste kleine Schritte machen! Einige Tipps findest du hier.

  • Nierenerkrankung

    Leider ist eine Nierenbeteiligung beim Lupus keine Seltenheit (mehr dazu hier). Und eine beeinträchtigte Nierenfunktion erhöht obendrein das Risiko für eine Atherosklerose.

Zusammengefasst ist beim Lupus die frühzeitige Entwicklung einer Atherosklerose eines der großen Risiken. Über zum Beispiel Herzinfarkte oder einen Schlaganfall kann Atherosklerose auch die Prognose und Lebenserwartung massiv beeinträchtigen. Es gibt viele Risikofaktoren, die sich addieren können – aber du und deine Ärzt*in könnt auch ganz viel tun, um das Risiko zu minimieren. Deshalb ist auch das Risikomanagement für Herz- und Gefäßerkrankungen als ein wichtiger Punkt in den Lupus-Leitlinien festgehalten.

Deine Risikofaktoren in den Griff bekommen.

Den Lupus dauerhaft beruhigen und die Risikofaktoren mit Hilfe der Maßnahmen minimieren: So kann dein Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen drastisch gesenkt werden – vielleicht sogar bis auf das Niveau gleich alter gesunder Menschen.

 

NP-DE-LPU-WCNT-240031, Sept 24

Die LupusCheck-Expert*innen

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum 
Hamburg-Eppendorf
 

Das LupusCheck Expertenteam

Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz