Hormone & Verhütung
Für Lupus-Betroffene gibt es bei der Wahl einer Verhütungsmethode einiges zu berücksichtigen. Sexualhormone wirken auch auf das Immunsystem, ob körpereigen oder von außen zugeführt. Mit einer chronischen Autoimmunerkrankung wie Lupus gilt es daher besonders genau zu prüfen, welche Methode in Frage kommen kann. Lies hier, wann eine sichere Verhütung relevant ist, und erfahre alles Wichtige zu den Methoden und ihren möglichen Auswirkungen auf den Lupus. Eine ärztliche Beratung zum Thema Verhütung hilft dir, das jeweilige Für und Wider vor dem Hintergrund deines ganz eigenen Lupus abzuwägen.
Welche Rolle spielen Sexualhormone?
Im Körper jedes Menschen wirken viele verschiedene Hormone. Zu den von der Hirnanhangdrüse gesteuerten Sexualhormonen zählen bei Männern das Testosteron und bei Frauen vor allem das Östrogen und das Progesteron (auch Gestagen genannt).
Sexualhormone wirken auch auf das Immunsystem, bei Frauen und Männern in unterschiedlichem Maße. Das Testosteron scheint das Immunsystem eher abzuschwächen. Daher überrascht es nicht so sehr, dass Männer für einige Infektions- und auch für Krebserkrankungen etwas anfälliger zu sein scheinen. Das Östrogen scheint eher immunfördernd zu wirken. Dafür sind bei Frauen Autoimmunerkrankungen häufiger, wie der systemische Lupus erythematodes (SLE), weil das aktivere Immunsystem eher umschlägt in eine Autoimmunabwehr.
Frauen und Männer unterschiedlich stark von Lupus betroffen
Der Unterschied ist am deutlichsten, wenn die hormonelle Situation im Körper am stärksten ausgeprägt ist. Das sind die Jahre, die man „reproduktionsfähig“ nennt, also die „fruchtbaren“ Jahre, in denen eine Frau schwanger werden kann.
Verhältnis der Lupus-Erkrankungen nach Geschlecht und Lebensphase
Auf die Entstehung eines Lupus wirken verschiedene Faktoren, die in der Summe die Krankheit zum Ausbruch bringen können – fast wie bei einem Fass, dass dann schließlich überläuft. Die Situation ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Gene, Alter, ethnischer Hintergrund sind relevante Faktoren, die wir selbst nicht beeinflussen können. Aspekte wie Umweltfaktoren, Belastung durch Sonnenlicht oder auch Rauchen fallen zusätzlich ins Gewicht. Frauen sind genetisch vorbelastet, was Lupus angeht. Durch Sexualhormone, hier das Östrogen, können die immunologischen Fehlverläufe gefördert werden, während durch Progesteron (Gestagen) und auch Testosteron das Risiko eher gesenkt wird.
Einfluss von Hormonen auf die Lupus-Erkrankung bei Frauen
Die Frage, die sich zunächst stellt, ist: Gibt es Unterschiede in hormoneller Sicht zwischen Frauen, die an Lupus erkranken, und Frauen, die nicht erkranken? Bei später an Lupus erkrankten Frauen ist gehäuft eine früh einsetzende Periodenblutung (vor oder im vollendeten zehnten Lebensjahr) aufgefallen. Dadurch waren sie länger einer körpereigenen Östrogenwirkung ausgesetzt. In der Wissenschaft gibt es zudem Überlegungen, ob der Einsatz von oralen Kontrazeptiva (also einzunehmenden Verhütungsmitteln, z. B. die Pille) oder eine Hormonersatztherapie eine spätere Lupus-Erkrankung fördern könnten. Hierbei scheint es aber eher um die Dosis als um eine Ja- oder Nein-Aussage zu gehen.
Beim 2. digitalen Lupustag für Patient*innen stellte Dr. Isabell Haase von der Universität Düsseldorf diese Frage (gesamtes Video hier zu sehen). Von den Teilnehmenden sagten 24 %, also jede*r Vierte, dass die Ärzt*in das Thema von sich aus angesprochen hat. 13 % gaben an, dass sie selbst um eine solche Beratung gebeten haben. Die Mehrheit hat sich – so wie du jetzt vielleicht auf dieser Website – lieber selbst Infos gesucht. Für einen ersten Überblick ist dies auch durchaus sinnvoll, doch vergiss nicht: Ein Gespräch mit deiner Ärzt*in ist sicherlich der beste Weg, die richtige Beratung zur passenden Verhütung bei deinem ganz eigenen Lupus zu erhalten.
Gründe für eine sichere Verhütung
- Wenn Frauen auch ohne besonderen Grund nicht schwanger werden möchten. Denn Lupus-Betroffene haben meist eine ganz normale Fertilität,
d. h. das gleiche Risiko, schwanger zu werden, wie die übrige weibliche Bevölkerung. - Wenn Frauen zur Behandlung ihres Lupus Medikamente einnehmen müssen, die sicher oder möglicherweise „die Frucht“, also das ungeborene Kind schädigen.
- Wenn eine Schwangerschaft zwar geplant ist, sie jedoch erst in einer Phase ruhiger Erkrankung beginnen soll.
Möglichkeiten der Verhütung
Neben der Effektivität der Methode, also dass sie vor einer Schwangerschaft schützt, und der guten Anwendbarkeit ist für Betroffene genauso wichtig, dass die Verhütungsmethode zum individuellen Lupus passt.
Hier findest du die gängigen hormonfreien und hormonhaltigen Verhütungsmethoden, jeweils versehen mit dem Pearl-Index1. Er misst, wie effektiv die Methode ist, indem er angibt, wie viele von 100 Frauen schwanger werden, wenn sie ein Jahr lang mit der jeweiligen Methode verhüten. Ein Pearl-Index von 10 würde also bedeuten, dass nach einem Jahr Verhütung mit dieser Methode 10 von 100 Patientinnen trotzdem schwanger geworden sind. Zum Teil hat der Pearl-Index eine große Spannbreite (z. B. 2-18) mit einem niedrigeren Wert für die optimale Anwendung und einem höheren Wert für den im Alltag vielleicht etwas weniger perfekten Einsatz.
Hormonfreie Verhütung:
Hormonhaltige Verhütung:
Möglichkeiten der sicheren Verhütung bei Lupus im Überblick
Wenn du unsicher bist, wo du dich einordnen solltest, frag am besten die Ärztin/ den Arzt, die deinen Lupus behandeln und dann kannst du deinem Frauenarzt genau sagen, welche Verhütungsmethoden für dich in Frage kommen.
Wählen deine Verhütung gezielt aus.
Eine sichere Verhütung beruhigt und lässt Sexualität entspannter genießen. Mit ärztlicher Beratung kannst du dich für die Verhütungsmethode entscheiden, die deinem individuellen Lupus und deiner aktuellen Lebenssituation am besten entspricht.
NP-DE-LPU-WCNT-220025, Dez22
Wir bedanken uns bei Dr. med. Isabell Haase, Universität Düsseldorf, für die Unterstützung bei diesem Kapitel.
Die LupusCheck-Expert*innen
Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf
PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg
Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg
PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz