Hallo 😊,
mein Name ist Bekki, ich bin 36 Jahre alt, verheiratet, Musikerin und Theologie-Studentin. Ich bekam im November 2019 die Diagnose „Systemischer Lupus erythematodes“. Dabei erging es mir wahrscheinlich wie den meisten Betroffenen hier. Ich hatte schon einige Jahre mit vielen Arztbesuchen hinter mir, bis endlich festgestellt wurde, was die Ursache meiner Probleme war. Leider kam die Diagnose auch erst, nachdem meine Nieren so schwer angegriffen waren, dass ich in wenigen Tagen hätte sterben können. Allerdings war es, Gott sei Dank, eben gerade noch rechtzeitig und die Medikamente wirkten sehr schnell und gut, so dass meine Nieren mittlerweile wieder ganz normal arbeiten.
Da ich Musikerin - konkret Sängerin in einer Rock-Band - bin, hat der Kampf, den mein Körper führte, leider auch seine Spuren an meiner Stimme hinterlassen. Körperlich war ich sehr geschwächt, beanspruchte mich aber weiterhin wie eh und je, teilweise sogar noch mehr. Ich dachte ja, dass alles in Ordnung sei, dass ich mich nur mehr anstrengen, mehr Sport machen, mehr meinen inneren Schweinehund überwinden müsste, damit es mir wieder besser geht.
Genauso wie mit meinem Körper, bin ich leider auch mit meiner Stimme umgegangen. Wenn sie nicht mehr so wollte, wie ich, gab ich eben noch mehr Druck und noch mehr Gas, um alle Töne und Klangfarben zu erzeugen, die ich hören wollte. Durch diese Beanspruchung über mehrere Jahre hinweg, trainierte ich mir eine derartig verkrampfte Sing-Technik an, dass meine Sing-Stimme mittlerweile an manchen Tagen nur noch wenige Töne hervorbringt.
Neben all den Einschränkungen, Schmerzen und Ängsten, die ich teilweise wegen des Lupus‘ habe, ist es für mich die größte Herausforderung damit klarzukommen, dass ich zur Zeit nicht so singen kann, wie ich es gerne möchte. Und ich schreibe bewusst „zur Zeit“, weil ich die Hoffnung nicht aufgeben werde, dass es irgendwann wieder möglich sein wird. 😊
Das Singen war ein Teil von mir, half mir mit schwierigen Situationen klarzukommen und Emotionen auszudrücken und zu verarbeiten. Viele Krisen verarbeitete ich, indem ich Lieder komponierte. Und hier steckte ich in der wohl schlimmsten Krise meines Lebens und ich hatte dieses „Ventil“ nicht mehr.
Allerdings glaube ich, dass diese, ich nenne es mal, „Verstopfung des Ventils“ dazu führte, dass sich neue Ventile öffneten. Meine Seele braucht offensichtlich Kreativität, das Formulieren von Gedanken und das Musizieren, um Dinge zu verarbeiten. So brodelte es nur wenige Monate in mir, bis ich die Idee hatte zu bloggen. Ich merkte, dass es mir ebenfalls guttat, meine Gefühle in Worte, in Geschichten, in Erlebnisberichte fließen zu lassen. Mir half es, meine Fragen und Gedanken, meine Wut und meine Ängste in die Tastatur zu hacken und dabei das Gefühl zu haben, sich, im wahrsten Sinne des Wortes, alles von der Seele zu schreiben. Ich fühlte mich fokussierter, erleichtert und hatte in manchen Situationen sogar Erkenntnisse über mich, Gott und die Welt, die mich persönlich weiterbrachten. So begann ich unter lupusstimme.de zu bloggen.
Ebenso konnte ich mich allerdings auch ablenken und entspannen, wenn ich mich ans Klavier setzte und entweder Stücke spielte, die ich schon beherrschte, oder indem ich neue Stücke übte. Ich empfand Musik immer als ein Geschenk. Als etwas, das unglaublich viel bewirken kann. Als etwas, das Orte in meinem Herzen und meiner Seele erreichte, die sonst nur schwer zu erreichen waren.
Zusätzlich habe ich für mich noch einen weiteren Weg gefunden, um an diese schwer erreichbaren Orte zu kommen. Dieser Weg ist mein Glaube, bzw. der spirituelle Weg meines Glaubens. Ich liebe die alten Herzensgebete (z.B. von Teresa von Avila oder von Franz von Assisi), die das Gebet und die Atmung miteinander verbinden. Gebete, die zur Meditation einladen und mir helfen, meinen Blick weg von all den Ängsten, Sorgen und Äußerlichkeiten, hin zu etwas Größerem zu lenken. Hin zu einem großen, liebenden und über allem stehenden Wesen, das ich nicht erklären und ergreifen kann, das aber trotz allem ganz tief in mir zu finden ist, und Quellen der Liebe, der Hoffnung und des Lebens in mich gelegt hat. Solche Gebete haben mir schon in so mancher panischen Situation (z.B. im Krankenhaus) sehr geholfen.
Wie wir alle wissen, gibt es jedoch keine „Pauschallösung“ oder „Pauschalhilfe“ für Sorgen, Schmerzen und Ängste. Wir alle müssen selbst ausprobieren, was uns am besten hilft. Leider helfen auch meine Strategien nicht immer. Es gibt immer wieder Momente, in denen alle Versuche der Ablenkung nichts bewirken und ich mich fühle, als ob ich ins Bodenlose fallen würde. Trotzdem glaube ich, dass ich, je mehr Strategien ich habe, auch umso mehr Möglichkeiten habe auf unschöne Situationen zu reagieren. Und wenn es am Ende nur das Festklammern an der Hoffnung ist, dass ich eben nicht ins Bodenlose fallen werde, sondern dass ich getragen bin und es mir irgendwann wieder besser gehen wird. 😊
Und wie geht es mir im Moment? Auch wenn meine Stimme lange noch nicht so funktioniert, wie ich mir das wünsche, erlebe ich gerade eine Zeit der Remission, in der es mir ziemlich gut geht und ich relativ viel Kraft habe. Ich hatte in den letzten Monaten sogar genug Kraft, um unser neues Zuhause zu renovieren und um umzuziehen. Das war für mich ein Wunder. 😊
Ich wünsche uns allen, dass Wege und Möglichkeiten gefunden werden, um in Remission zu kommen und um wieder genug Kraft zu haben, das Leben zu meistern. Genauso hoffe ich, dass wir alle unsere Strategien finden und entwickeln, um mit den Herausforderungen - mit denen wir konfrontiert sind - etwas besser klarzukommen.
Ich lasse ganz liebe Grüße da,
eure Bekki
NP-DE-LPU-WCNT-220036, Mär23