Selbsthilfe
Lupus-Selbsthilfe bedeutet, dass sich Menschen, die selbst an Lupus erythematodes erkrankt sind, oder deren Angehörige zusammenschließen, um sich unter Gleichgesinnten und ohne fachliche Anleitung selbstbestimmt auszutauschen. Die eigenen Erfahrungen sind ebenso Thema wie Informationen zu der seltenen Autoimmunkrankheit selbst. Ob der Austausch telefonisch, per E-Mail, in Chats, Online-Foren, sozialen Netzwerken oder in persönlichen Zusammenkünften vor Ort geschieht, planen die Gruppen ganz individuell. Hier erfährst du, was Selbsthilfegruppen bieten, was Menschen bewegt, in eine Selbsthilfegruppe zu gehen, und wo du bei Interesse eine Selbsthilfegruppe finden kannst.
Funktionen der Selbsthilfe
Die SHILD-Studie, eine wissenschaftliche Untersuchung der gesundheitlichen Selbsthilfe in Deutschland, zeigt vier wichtige Funktionen der Selbsthilfe auf:
- Gemeinschaft – Freud und Leid teilen
- Kommunikation – Verständnis und Resonanz
- Information – Krankheitsbezogene Informationen und Patientenrechte
- Bewältigung – Umgang mit Ärzt*innen und mit Mitmenschen
Selbsthilfe bedeutet für fast alle Betroffenen auch, sich nicht alleine zu fühlen.1
Selbsthilfeangebote im Bereich des Lupus erythematodes können Beratung und Gespräche außerhalb der direkten Arzt-Patienten-Beziehung bieten und eigenverantwortliches Handeln fördern. Auch kann die Selbsthilfe einen Beitrag zur politischen Interessenvertretung, persönlichen Fortbildung und zur Forschungsförderung leisten, wofür sich insbesondere ein Verein mit seiner Organisationsstruktur und seiner darstellbaren Größe eignet.
Organisationsformen der Selbsthilfe
In der Selbsthilfe gibt es unterschiedliche Organisationsformen: zum einen durch eine Vereinsmitgliedschaft und zum anderen durch einen losen, unverbindlichen Austausch, der nicht durch einen gemeinnützigen Verein unterstützt wird.
1. Selbsthilfe im Verein
Je nach Verein werden aktuelle Informationen zur Erkrankung und zum Leben mit Lupus über Publikationen (Zeitschriften, Flyer, Broschüren), Online-Medien, Veranstaltungen für Patient*innen sowie ärztliche Vorträge zugänglich gemacht. Regelmäßige Gruppentreffen sind durchaus üblich. Um das umfassende Angebot eines Vereins in Anspruch zu nehmen, bedarf es in aller Regel einer Vereinsmitgliedschaft. Vereinsstrukturen sind im Unterschied zu privat organisierter Selbsthilfe professioneller organisiert und besser mit medizinischen Expert*innen vernetzt. Der Mitgliedsbeitrag kann beim Verein erfragt werden und ist in der Regel von der Steuer absetzbar.
Mehr zur Selbsthilfe im Verein erfahren Sie beispielsweise hier:
- Lupus Erythematodes Selbsthilfegemeinschaft e.V.: http://lupus.rheumanet.org/
- Deutsche Rheuma-Liga e.V.: https://www.rheuma-liga.de/
2. Vereinsunabhängige Selbsthilfe
Selbsthilfe auf privater Ebene umfasst den persönlichen Austausch, der auch loser und unverbindlicher sein kann. In der Regel kann für diese Form des gegenseitigen Unterstützens nicht auf ein professionelles Netzwerk zurückgegriffen werden. Private Selbsthilfe findest du im Internet und in sozialen Netzwerken. Auch kannst du in den Rheuma-Ambulanzen und Rheuma-Kliniken andere Lupus-Betroffene kennenlernen und von ihnen erfahren, wie sie sich vereinsunabhängig austauschen.
Entscheidungshilfe: Ist Selbsthilfe das Richtige für mich?
Vielen Lupus-Patient*innen stellen sich die Frage, ob sie sich in einen direkten Austausch mit Gleichgesinnten begeben und sich einer Selbsthilfegruppe anschließen sollen. Es sind ganz individuelle Gründe, die zu einer guten und für den Moment stimmigen Entscheidung führen. Dabei kann es hilfreich sein, sich eine Gruppe erst einmal anzuschauen und in deren Aktivitäten hineinzuschnuppern. Der direkte Eindruck vom Ablauf eines Treffens, von der Leitung und den anderen Betroffenen gibt wertvolle Hinweise für die Entscheidungsfindung, ob eine Selbsthilfegruppe das Richtige sein kann..
Was für die Selbsthilfe sprechen kann
Was Menschen bewegt, in eine solche Gruppe zu gehen2, spiegelt die oben genannten Funktionen der Selbsthilfe:
1. Gemeinschaft: nicht alleine sein
2. Kommunikation: offen mit Gleichgesinnten über Probleme sprechen
3. Wissen über die Erkrankung gewinnen: Erfahrungen anderer Betroffener nutzen
4. Bewältigung der Krankheit
Einige übergreifende gute Gründe, in der Selbsthilfe aktiv zu werden
Menschen in einer speziellen Lebenssituation, mit einer Krankheit oder einem bestimmten „Problem“, gehen ebenso in Selbsthilfegruppen wie deren Angehörige. Eine gewisse Leichtigkeit, sich unter Menschen in der gleichen Situation bewegen zu können und nicht immer alles erklären zu müssen, kann ein Grund dafür sein. Wie Frauen und Männer – unabhängig ihrer Erkrankung – die Motivation für die Teilnahme an Selbsthilfegruppen beschreiben3, liest du hier:
Selbst eine Lupus-Gruppe gründen?
Auch gibt es Menschen, die sich entscheiden, eine neue Lupus-Selbsthilfegruppe ins Leben zu rufen. Hannah-Lena Ruß beispielsweise reizte das zu erwartende Geben und Nehmen, als sie eine nicht mehr aktive Selbsthilfegruppe in Gießen auf neue Beine stellte. Sie hatte bereits Selbsthilfe in Form von 1:1-Beratung im kleinen und persönlichen Rahmen gestaltet. Ihr war es ein Anliegen, anderen in Krisen durch das zu helfen, was sie aus eigenen Krisenerfahrungen mitbrachte. Gleichzeitig erkannte sie in diesem Schritt vom privat gestalteten Selbsthilfeaustausch hin zum organisierten Rahmen die Möglichkeit, auch nehmen zu dürfen, beziehungsweise für sich dazuzulernen. Das Zentrale für Hannah-Lena Ruß: die Erschaffung und Erhaltung einer Plattform, um sich mit mehr Menschen persönlich über das höchst individuelle Leben mit dem eigenen Lupus auszutauschen. Ihren Erfahrungsbericht kannst du hier (PDF-Datei) nachlesen.
Was Menschen davon abhält, in eine Selbsthilfegruppe zu gehen
Ein Grund für den Verzicht auf diese Form des Austauschs könnte darin liegen, dass manche Betroffene nicht dauernd über ihre Krankheit sprechen möchten und darüber etwas hören wollen. Menschen, die sich dazu entschieden haben, vorerst keine Selbsthilfegruppe zu nutzen, gaben in einer wissenschaftlichen Untersuchung unter anderem folgende Gründe an4:
- „Habe genug Menschen zum Reden“
- „Würde mich in einer Selbsthilfegemeinschaft unwohl fühlen“
- „Verspüre keinen Problemdruck“
Natürlich ist eine Entscheidung für oder gegen den Anschluss an eine Selbsthilfegruppe eine Entscheidung, die jede*r Betroffene je nach Situation kurzfristig ändern kann.
Wohnortnahe Selbsthilfe-Gruppe finden oder selbst gründen
Ob es in deiner Nähe eine Selbsthilfegruppe gibt, erfährst du, wenn du dich direkt an die Lupus Selbsthilfegemeinschaft e.V., die Rheuma-Liga e.V. oder an eine sogenannte Selbsthilfekontaktstelle in Wohnortnähe wendest. Selbsthilfekontaktstellen gibt es seit mehr als drei Jahrzehnten in Deutschland. Je nach Gemeinde und Stadt tragen sie ganz unterschiedliche Namen. Sie unterstützen Selbsthilfegruppen und natürlich Menschen, die sich einer Selbsthilfegruppe anschließen möchten. Die Kontaktstelle ist auch die richtige Adresse, wenn du selbst eine Selbsthilfegruppe gründen möchtest.
Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung von Selbsthilfegruppen (NAKOS)
Die für dich zuständige Selbsthilfekontaktstelle auf regionaler Ebene findest du über die Datenbank der NAKOS: https://www.nakos.de/adressen/rot
Suche dir Verbündete.
Ob in Selbsthilfegruppen oder im privaten Umfeld: Tausche dich bitte aus. Jedes offene Ohr und jede andere Unterstützung kann dazu beitragen, deinen Lupus bestmöglich zu beruhigen – damit du dich auf die guten Zeiten konzentrieren kannst.
Wir bedanken uns bei Dr. Carolin Tillmann (Philipps-Universität Marburg) für die Unterstützung bei diesem Kapitel.
NP-DE-LPU-WCNT-210033, Dez22
Die LupusCheck-Expert*innen
Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf
PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg
Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg
PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz