Risiko Organschäden

Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, bei der die Entstehung von irreversiblen Organschäden eine wesentliche Rolle spielt. Immer wenn der Lupus aktiv ist – ob dauerhaft oder als Schub, werden Autoantikörper gebildet. In den beteiligten Organen werden dadurch Entzündungen ausgelöst, die die Lupus-Symptome verursachen. Durch diese Entzündungen gehen gesunde Zellen zugrunde. So kommt es über die Zeit in Organen und Organsystemen zu zunehmenden irreversiblen Schädigungen – sogar wenn der Lupus nur leicht aktiv ist. Neben Krankheitsaktivität und Schüben können auch einige Medikamente das Risiko für Organschäden erhöhen. Mehr dazu erfährst du hier.

Lupuscheck Icon Frage

„Warum sind Organschäden schlimm?“

Das Wort „Organschäden“ bedeutet, dass die vom Lupus betroffenen Organe und Organsysteme auf Dauer immer mehr kaputtgehen. Mit jedem Schub, jeder Krankheitsaktivität sterben gesunde Zellen ab und verlieren für immer ihre Funktion. Dazu kommen mögliche Schäden durch Medikamente (v.a. Kortison). In manchen Organen sieht man das sofort, z.B. durch Narben an der Haut. Bei anderen Organen geschieht dies weitestgehend symptomlos und die Betroffenen bemerken es erst, wenn ein kritisches Stadium erreicht wird, z.B. wenn die Nieren das Blut nicht mehr hinreichend reinigen können. Man weiß heute, dass entstandene Organschäden vor allem zwei gravierende Folgen für Patient*innen haben:

    1. Sie erhöhen das Risiko, weitere Organschäden zu erleiden.

    2. Sie verkürzen die Lebenszeit der Betroffenen.

Deshalb ist es so wichtig, den Lupus so schnell wie möglich zur Ruhe zu bringen und bereits die ersten Organschäden zu verhindern.

Eine Organschädigung macht sich nicht immer bemerkbar. Dass ein Schaden an Organen oder Organsystemen fortschreitet, ist auch nicht zwangsläufig an eine hohe Krankheitsaktivität gebunden. Selbst bei niedriger oder mittlerer Aktivität des Lupus können Organschäden entstehen, und ganz unabhängig von der Krankheitsaktivität trägt z. B. auch eine langfristige Behandlung mit Glukokortikoiden („Kortison“) entscheidend zur Entstehung von Organschäden bei.

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Bis zu 50 Prozent der Lupus-Betroffenen entwickeln bereits innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Diagnose die ersten Organschäden.


Welche Organe häufig betroffen sind

In den meisten Fällen wirkt sich ein Lupus an mehreren Organsystemen aus, was als „multisystemisch“ bezeichnet wird. Nur in wenigen Fällen ist lediglich ein Organ oder sind nur wenige Organe betroffen. Daher wichtig für die Therapie und die Vermeidung von Organschäden: die häufig betroffenen Organsysteme – unabhängig von der Krankheitsaktivität – sorgsam überwachen lassen. Hierzu zählen

  • Lupus Website Icon Nieren Nieren

    Die häufigste schwerwiegende Organbeteiligung ist die Lupusnephritis, also die Entzündung der Nieren (siehe auch hier unter "Was ist Lupus?"). Jede Lupus-Aktivität in den Nieren führt zum Untergang und Funktionsverlust von Nierenzellen. Je weniger gesundes Nierengewebe vorhanden ist, desto weniger können die Nieren das Blut von Schadstoffen befreien. Die Lupusnephritis ist ein wichtiger Faktor für die Prognose, die Sterblichkeit und die Lebensqualität der Betroffenen. Mit zunehmendem Verlust der Nierenfunktion durch Lupus-Schäden steigt das Risiko, auf eine Dialyse oder Nierentransplantation angewiesen zu sein. Je früher eine Lupusnephritis erkannt und konsequent behandelt wird, desto günstiger ist die Prognose. Typische Symptome, die die Patient*innen selbst bemerken, treten jedoch erst spät im Krankheitsverlauf auf. Deshalb ist es von zentraler Bedeutung, dass bei den Arztbesuchen immer auch die Nieren kontrolliert werden. Besonders gefährdet für die Entwicklung einer Lupusnephritis sind Patient*innen

    • männlichen Geschlechts
    • mit ausgeprägter Krankheitsaktivität
    • von schwarzafrikanischer Ethnizität.
  • Lupus Website Organe Haut Haut/Schleimhaut

    Nur drei der zahlreichen möglichen Symptome an Haut und Schleimhaut sind: Schmetterlingserythem (Hautrötung über Nasenrücken und Wangen), Raynaud-Syndrom (anfallsweise symmetrisches Erblassen der Finger oder Zehen aufgrund von krampfartigen Verengungen der Blutgefäße) und Schleimhaut-Geschwüre (sog. Ulzera). Eine Hautärzt*in hinzuzuziehen kann bei der Diagnose hilfreich sein. Organschäden an der Haut sind z.B. sichtbare Narben, und an der Kopfhaut können Stellen zurückbleiben, an denen keine Haare mehr wachsen. Mehr zum Thema Lupus & Haut findest Du hier.

  • Lupus-Website Organschäden Augen Augen

    Bei etwa einem Drittel der SLE-Patient*innen sind die Augen betroffen. Eine frühe Diagnose ist wichtig, um den Verlust des Augenlichts zu verhindern. Das gilt insbesondere für Betroffene, die in jungen Jahren an einem Lupus erkranken. Häufig zeigen sich das sog. Sicca-Syndrom (trockene Augen und Mund) und Bindehautentzündungen, relativ selten hingegen sind Schädigungen des Gewebes um das Auge.

  • Lupuscheck Icon Herz-Kreislaufsystem Herz-/Kreislauf-System

    Allein ein Viertel der Lupus-Patient*innen entwickelt eine Herzbeutelentzündung. Mit einem länger dauernden Lupus wird es umso wahrscheinlicher, einen Herzinfarkt, eine koronare Herzkrankheit oder einen Schlaganfall zu erleiden. Das gilt insbesondere für Frauen. Dementsprechend ist auch der Anteil der Krankenhausaufenthalte aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen unter SLE-Betroffenen erhöht. Gleiches gilt für die Sterblichkeit. Einen ganz großen Beitrag zu diesen Herz-Kreislauf-Erkrankungen leisten die Glukokortikoide („Kortison“), weshalb heutzutage eine zentrale Forderung in der Lupus-Therapie ist, sie zu minimieren und wann immer möglich ganz abzusetzen.

  • Lupus Website Icon Knochen Knochen

    Das Absterben von Knochengewebe ist eine weitere mögliche Komplikation beim Lupus. Das Risiko für Knochenbrüche ist bei Frauen mit SLE etwa fünfmal höher als bei einer gleichaltrigen Vergleichsgruppe ohne Lupus. Ein Hauptgrund liegt im Einsatz von Glukokortikoiden, sowohl in Bezug auf die Dosierung als auch auf die Dauer der Anwendung.

  • Lupus Website Icon Gehirn Nervensystem/Gehirn

    Der Lupus kann sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem angreifen. Die Beeinträchtigung des Nervensystems durch den Lupus zählt zu den wichtigsten Einflussfaktoren der Sterblichkeit bei SLE-Patientinnen und -Patienten. Sichtbar wird der Lupus im Nervensystem u. a. durch 

    • Krampfanfälle
    • Polyneuropathien (Nervenfunktionsstörungen an Empfindungsnerven (z. B. Kribbeln, Stechen, Brennen, Taubheit), motorischen Nerven (z. B. Lähmungen, Muskelschwund, schwache Reflexe, Muskelkrämpfe) und autonomen Nerven (Nerven, die die einzelnen Organe versorgen))
    • kognitive Dysfunktion (z. B. Konzentrationsschwierigkeiten, Aufmerksamkeitsstörungen, Gedächtnisschwäche)
    • Kopfschmerz
    • Depression
    • Psychosen.

    Um Organschäden im Nervensystem dem Lupus zuordnen zu können, braucht es vielfältige Untersuchungen, um andere mögliche Ursachen wie Infektionen auszuschließen. Eine weitere Herausforderung bei Symptomen des Nervensystems ist es, die behandelbare Krankheitsaktivität von Symptomen durch bereits eingetretene Organschäden zu unterscheiden.


Was du tun kannst, um das Risiko von Organschäden so gering wie möglich zu halten

1. Minimiere die Aktivität deines Lupus und Schübe so früh und so konsequent wie möglich

Deinen Lupus bestmöglich zu beruhigen ist das oberste Ziel:

  • Vereinbare dazu gemeinsam mit deiner Ärzt*in klare, individuelle Ziele – und achte dabei auf deine Lebensqualität 
  • Lass die Erreichung deiner Ziele regelmäßig von deiner Ärzt*in kontrollieren
  • Passen Sie gemeinsam mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt die Therapie nach definierten Zeiträumen immer wieder an, falls die gesteckten Ziele noch nicht erreicht wurden (Zum "Treat-to-target“-Konzept liest du hier mehr).

Eine niedrige Krankheitsaktivität oder gar eine Remission, also ein Verschwinden von Lupus-Anzeichen, zu erreichen – optimalerweise vor dem Auftreten erster Organschäden –, das ist enorm wichtig für dein weiteres Leben mit dem Lupus und der Prognose.

2. Reduziere – in ärztlicher Absprache – Glukokortikoide so weit wie möglich

Glukokortikoide („Kortison“) sind ein wesentlicher Baustein der Lupus-Therapie. Jedoch birgt ein Einsatz in hoher Dosierung und/oder über lange Zeit ein deutliches Risiko für irreversible Organschäden. Daher sollten Glukokortikoide in der Langzeittherapie in möglichst geringen Dosen gegeben werden und, wenn möglich, ganz ausgeschlichen werden, also nach und nach immer niedriger dosiert und am Ende ganz abgesetzt werden.

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Lass deinen Lupus ärztlich gut überwachen

Jede Aktivität des Lupus ist mit einer Entzündung verbunden, die gesunde Zellen vernichtet und dauerhaft zu Organschäden führen kann. Deshalb ist es das wichtigste Therapieziel, die Krankheitsaktivität zu beruhigen und den Lupus zu kontrollieren.

Du willst mehr über das Management des systemischen Lupus erfahren?
Weiterführende Informationen zum SLE-Management findest du hier!

NP-DE-LPU-WCNT-210024, Nov22

Die LupusCheck-Expert*innen

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum 
Hamburg-Eppendorf
 

Das LupusCheck Expertenteam

Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz