Fokusthema Kortison

Fast jeder Mensch mit Lupus bekommt Kortison, idealerweise nur vorübergehend. Es ist „Fluch und Segen“ zugleich und sorgt damit für viel Unsicherheit, wahrscheinlich auch bei dir. Kortison ist unverzichtbar, um bei Schüben schnell wieder die Kontrolle zu bekommen. In der Langzeittherapie wird aber oft zu viel davon gegeben – mit möglicherweise schweren Folgen. Einerseits möchtest du dein Kortison vielleicht behalten, weil es schnell und zuverlässig wirkt. Andererseits machen dir die Risiken vielleicht etwas Angst. Grund genug für uns, dieses wichtige Thema intensiv aufzubereiten und Infos aus unterschiedlichen LupusCheck.de-Abschnitten hier für dich zusammenzuführen.

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Mit dem "Fokusthema Kortison" wollen wir gezielt Aufmerksamkeit auf dieses für alle Lupus-Betroffene wichtige Thema lenken, um Bewusstsein zu schaffen und Zusammenhänge aufzuzeigen.

Die 7 wichtigsten Fakten über Kortison

Kortison kennt jede*r. Obwohl es so häufig verwendet wird – auch bei anderen Erkrankungen –, wissen nicht alle Patient*innen wirklich Bescheid über Glukokortikoide, wie Kortison-Präparate eigentlich fachlich bezeichnet werden (dazu gleich mehr). Vielleicht erfährst auch du jetzt etwas für dich Neues:

Was ist eigentlich Kortison?

Das medizinische Wort für Kortison-Präparate ist „Glukokortikoide“ oder „Steroide“. Unser Körper stellt natürliche Glukokortikoide („Cortison“ und seine aktive Form „Cortisol“) selbst her und zwar in der Nebennierenrinde. 

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Diese Hormone spielen eine wichtige Rolle in zentralen Regulationsprozessen unseres Körpers, unter anderem im Glukose-, also Zucker-Stoffwechsel, im Wasser- und Elektrolyt-Haushalt, und sie beeinflussen das Herz-Kreislauf- und das Nerven-System. Außerdem haben sie entzündungshemmende Effekte und unterdrücken Immunreaktionen des Körpers („immunsuppressiv“). Letzteres sind genau die Effekte, die man beim Lupus therapeutisch nutzt. Die Tatsache, dass diese Hormone so viele wichtige Wirkungen haben, birgt auf der Gegenseite natürlich auch das Potenzial für viele Nebenwirkungen, wenn man mit Medikamenten in dieses fragile System eingreift. 

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In der Medizin werden für viele ganz unterschiedliche Erkrankungen künstliche Steroid-Hormone eingesetzt – meist als Tabletten, bei einigen Hauterscheinungen als Creme und in akuten Situationen auch hochdosiert als Spritzen oder Kurz-Infusionen. Dabei wird vor allem der rasch einsetzende entzündungshemmende Effekt gewünscht, der die Beschwerden der Patient*innen – wie beispielsweise Schmerzen – schnell lindert. Kortison wirkt innerhalb von Stunden oder wenigen Tagen und ist damit beim Lupus das einzige Medikament mit einer wirklich schnellen entzündungshemmenden Wirkung. In Akutsituationen und bei wieder aufflammender Lupus-Aktivität ist es oft absolut unverzichtbar, um das aktuelle Entzündungsgeschehen schnell zu durchbrechen. Die Dosis hängt dabei immer von der individuellen Krankheitsaktivität sowie dem Muster und der Schwere der Organbeteiligungen ab. Auf jeden Fall wird aber versucht, die Kortison-Dosis und damit das Risiko für gravierende Nebenwirkungen schnell wieder zu minimieren.

Warum bei Kortison auch die Uhrzeit wichtig ist

Die körpereigene Produktion von Glukokortikoiden schwankt im Tagesverlauf stark und ist am frühen Morgen am höchsten. Deshalb sollten auch Kortison-Tabletten meist komplett am frühen Morgen – idealerweise zwischen 6 und 8 Uhr – eingenommen werden, um den Hormon-Rhythmus im Körper möglichst wenig zu stören. Selten und meist auch vorübergehend kann eine kleine Dosis am Abend genommen werden.

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Lagert sich Kortison eigentlich im Körper ab?

Nein. Kortison wird in der Leber abgebaut und die Abbauprodukte werden mit dem Urin ausgeschieden

Die richtige Kortison-Dosis: eine Frage der Balance

Kortison wird vor allem dann gebraucht, wenn der Lupus (wieder) aktiv ist. Das muss nicht gleich ein schwerer Krankheitsschub sein, sondern vielleicht merkst du selbst, dass Beschwerden langsam zunehmen, z. B. Fatigue oder Schmerzen. Vielleicht sieht deine Ärzt*in auch etwas in den Labor-Ergebnissen, was auf eine drohende Verschlechterung hinweist. Dann wird oft Kortison eingesetzt oder die Dosis erhöht, um diese Krankheitsaktivität abzufangen. 

 

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Du kannst dir das wie eine Waage vorstellen – auf der einen Seite die Krankheitsaktivität, auf der anderen die Kortison-Dosis:

 

Tipps und Tricks

Liegt in der einen Waagschale die Krankheitsaktivität, wird in die andere Waagschale das schnell wirkende Kortison gelegt – so viel, bis die Waage wieder ausgeglichen ist.

Tipps und Tricks

Bessert sich die Krankheitsaktivität, wird die Krankheitsseite der Waage leichter und es sollte auch das Kortison in der anderen Waagschale reduziert werden, um die Waage wieder auszugleichen.

Tipps und Tricks

Im Idealfall gelingt es, den Lupus vollkommen zu beruhigen. Dann ist die eine Krankheits-Waagschale ganz leer. Und um ein neues Gleichgewicht herzustellen, sollte auch die Kortison-Schale geleert werden, also das Kortison langsam ganz ausgeschlichen werden. Das zu erreichen (= dauerhafte Remission), sollte immer versucht werden.

Tipps und Tricks

Es gelingt aber nicht immer. Und bei manchen Menschen mit Lupus bleibt ein bisschen Krankheitsaktivität mit der Neigung, daraus wieder einen neuen Schub zu entwickeln. Diese Waagschale ist somit nicht ganz leer, weshalb man auch in der Kortison-Waagschale ein paar Milligramm belassen sollte, um im Gleichgewicht zu bleiben.

Tipps und Tricks

Es gibt auch Lupus-Fälle, die wirklich schwierig und hoch-aktiv sind – heutzutage zum Glück viel seltener. In diesen Fällen bleibt die Krankheits-Waagschale ziemlich voll. Um nicht wieder in einen Schub zu laufen, werden zum Ausgleich der Waage weiterhin höhere Kortison-Dosen gebraucht. In diesen Fällen gelingt es mit den heutigen medizinischen Möglichkeiten leider nicht immer, das Kortison auf höchstens 5 Milligramm pro Tag zu bekommen, geschweige denn, es ganz abzusetzen. Auch wenn das Kortison dann mehr Risiken hat als gewollt, sind die Risiken einer aktiven Lupus-Erkrankung weit größer, denn das Kortison soll ja schwere Schübe verhindern.

Um nicht immer wieder akut mit Kortison arbeiten zu müssen, werden andere Medikamente eingesetzt. Es gilt, für jeden Menschen mit Lupus die optimale Kombination zu finden, die dafür sorgt, dass der Lupus in Ruhe bleibt – wenn möglich, ohne Kortison. Diese Medikamente – Hydroxychloroquin und ggf. zusätzliche Biologika oder Immunsuppressiva – wirken nicht sofort, sondern entfalten ihre Wirkung langsam über Wochen bis Monate. Das ist auch in Ordnung, denn diese Medikamente sollen meist dauerhaft gegeben werden und den Lupus in Schach halten. Da ist es nicht primär wichtig, dass sie schnell wirken, sondern dass sie langfristig eine stabile Wirkung haben und durch die beruhigte Erkrankung helfen, Kortison einzusparen. Bis die optimale Kombination gefunden wurde, mit der die Krankheit in Remission gebracht werden kann, ist Kortison oft unverzichtbar.

Welche Wirkungen hat Kortison?

Das im Körper gebildete Cortison/Cortisol zählt zu den so genannten Stresshormonen, die zum Beispiel ausgeschüttet werden, wenn eine Gefahr droht (zusammen mit den Hormonen Noradrenalin und Adrenalin). Im Rahmen dieser Stressreaktion schlägt zum Beispiel das Herz kräftiger und schneller, die Atmung beschleunigt sich, der Blutdruck und der Zuckerspiegel im Blut steigen. Dadurch werden Aufmerksamkeit, Informationsverarbeitung und Merkfähigkeit erhöht. Der Körper stellt sich so auf einen „Kampf“ und den damit verbundenen Energiebedarf ein. Er heizt die Prozesse an, die ihm jetzt helfen, und fährt diejenigen runter, die er für die Akutsituation nicht braucht. Dafür werden körpereigene Eiweißspeicher abgebaut und Fettspeicher aufgelöst, die Knochenbildung gehemmt und das Immunsystem unterdrückt, wodurch Entzündungen gehemmt werden. Durch Cortisol sind wir belastbar und fit, wenn viel ansteht, und werden in Akutsituationen vor Entzündungen geschützt. Bei dauerhaftem Stress kann die Cortisol-Ausschüttung unseren Alltag aber auch stressig und anstrengend machen und uns am Ende krank werden lassen. Die Folgen können ganz unterschiedlich sein: z. B. Schlafstörungen, Kraftlosigkeit, innere Unruhe, Magenprobleme oder Gewichtszunahme.

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All diese Prozesse werden natürlich auch angeschoben, wenn man dem Körper künstliches Kortison zuführt. Daraus entstehen die gewünschten Effekte wie die Unterdrückung des Immunsystems – aber auch die ganzen Nebenwirkungen, die unter Kortison auftreten können.

 Keine Wirkung ohne mögliche Nebenwirkung – auch beim Kortison

Weil Kortison in unserem Körper so viele wichtige Funktionen hat, sind auch viele ganz unterschiedliche Nebenwirkungen möglich. Das hat dazu geführt, dass viele Menschen Angst vor Kortison haben und es auf keinen Fall nehmen wollen. Aber das ist genauso falsch, wie zu lange zu viel Kortison zu nehmen. Kurzfristig können auch höhere Dosen ohne Bedenken eingesetzt werden.

 

Zinas Geschichte

Schaue dir Zinas Geschichte und ihren langen Weg zu einer niedrigen Kortison-Dosis an!

Kortison ist ein wichtiges und gutes Medikament gegen deine chronische Erkrankung – und es muss einfach immer das Ziel sein, es zügig wieder zu minimieren. Unter einer Kortisontherapie sind die Kontrolluntersuchungen bei deiner Ärzt*in besonders wichtig, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Welche möglichen Nebenwirkungen die wichtigsten sind, fassen wir dir jetzt zusammen.

 

Die wichtigsten möglichen Nebenwirkungen von Kortison

Diese lange Liste möglicher Nebenwirkungen zeigt dir, wie wichtig es ist, deinen Körper auf Dauer mit so wenig Kortison wie möglich zu belasten. Du erinnerst dich an den Leitsatz von vorhin:

Auch wenn wir hier im „Fokusthema Kortison“ alles zusammenfassen wollen: Lies zusätzlich den wichtigen Beitrag zu Atherosklerose hier.

Was hat Kortison mit Organschäden zu tun?

Beim Lupus wird immer das Risiko für Organschäden betont, denn sie haben große Relevanz für die Prognose und die langfristige Lebensqualität. Der Begriff „Organschäden“ bedeutet, dass es durch den Lupus im Körper und den betroffenen Organsystemen zu bleibenden, nicht-reparablen Schäden gekommen ist. Zellen sind zerstört und verlieren ihre Funktion. An der Haut sind das zum Beispiel Narben. Organschäden in den Nieren hingegen beschleunigen ein Nierenversagen. Idealerweise gelingt es durch eine frühe und konsequente Therapie, den Lupus so früh in eine dauerhafte Remission zu bringen, dass gar nicht erst Organschäden entstehen. Das gelingt leider längst nicht immer. 

 

Für diese Organschäden gibt es unterschiedliche Ursachen. Manche sind auf den Lupus selbst und die Entzündungen zurückzuführen. Bei der Entwicklung Lupus-bedingter Organschäden spielt vor allem auch die langfristige Kortison-Gabe eine zentrale Rolle. Dabei geht es besonders um die frühzeitige Entwicklung einer „Gefäßverkalkung“ (medizinisch: „Atherosklerose“). Bei einem länger bestehenden Lupus werden die Folgen einer Atherosklerose zur Todesursache Nummer 1 und stellen damit ein zentrales Langzeit-Risiko für dich dar. Man schätzt, dass bis zu 80 % aller Organschäden beim Lupus (sicher oder möglicherweise) mit einer dauerhaften Gabe zu hoher Kortison-Dosen zusammenhängen.

 

Das Herz-Kreislauf-Risiko steigt über die Zeit erheblich, weil Kortison-Präparate gleich mehrere Faktoren beeinflussen, die eine Atherosklerose beschleunigen: das Risiko für einen Diabetes mellitus („Zuckerkrankheit“) steigt und eine bereits bestehende Erkrankung kann sich verschlechtern. Außerdem kommt es zu einer Erhöhung der Cholesterinwerte (Blut-Fette) und oft zu einem Bluthochdruck. Diese drei Faktoren gelten neben dem Rauchen als die zentralen Risikofaktoren für eine frühzeitige „Gefäßverkalkung“. Die Folgen dieser Risikoerhöhung können z. B. Herzinfarkte und Schlaganfälle sein. Man weiß heute, dass dies bei einem lang bestehenden Lupus die wesentliche Ursache für Todesfälle ist und dass die dauerhafte Kortison-Gabe hier auch eine wichtige Rolle spielt.


Genau deshalb ist es so wichtig, dass man die längerfristige Kortison-Einnahme möglichst minimiert und bestenfalls ganz darauf verzichten kann. Deine Ärzt*in wird deshalb auch dein „kardiovaskuläres Risikoprofil“ (= Herz-Kreislauf-Risiko) sehr gut in Blick behalten und gemeinsam mit dir immer versuchen, die Risikofaktoren zu minimieren.

Mehr zum Risiko für Organschäden findest du hier.

Tipps und Tricks

Hör hier mal rein

Bekki, die Hostin unseres Podcasts „LupUS – gemeinsam stark“ und selbst Lupus-Betroffene, spricht mit Facharzt Martin Krusche über „Organschutz bei Lupus – früher an später denken“. Die Podcast-Folge findest du hier.

Was sagen die Leitlinien zum Kortison?

Die europäischen Lupus-Leitlinien der EULAR (European Alliance of Associations for Rheumatology) von 2023 äußern sich sehr klar: Kortison (Glukokortikoide) wird nur gegeben, wenn es auch nötig ist. Es wird nach Typ und Schweregrad der Organbeteiligungen dosiert, auf eine Erhaltungsdosis von maximal 5 mg/Tag reduziert und sollte möglichst nach der Akutphase komplett abgesetzt werden. 

Bei schwereren Erkrankungen können intravenöse Kortison-„Puls-Gaben“ (125-1000 mg pro Tag, für 1-3 Tage) in Betracht gezogen werden. Solche „Puls-Gaben“ – also höher dosierte Kortison-Gaben über wenige Tage direkt in die Vene – haben einen schnellen entzündungshemmenden Effekt und können helfen, danach mit den Kortison-Tabletten schneller wieder auf niedrigere Dosen zu kommen. So kurz gegeben gilt das als gut verträglich. 

Mit den EULAR-Leitlinien 2023 wurde die Grenze für die Dauertherapie-Dosis noch einmal gesenkt – vorher war sie bei 7,5 mg/Tag. Im Idealfall wird Kortison laut Leitlinien nur als „Überbrückungs-Therapie“ eingesetzt, bis andere Medikamente ihre Wirkung entfaltet und den Lupus in Remission (also in Ruhe) gebracht haben.

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Falls eine Patient*in nicht auf Hydroxychloroquin (Antimalariamittel) und ggf. Kortison anspricht, bzw. die Kortison-Dosis nicht auf maximal 5 mg/Tag gesenkt werden kann, sollen zusätzlich weitere Medikamente erwogen werden. Als nächsten Therapieschritt nennen die EULAR-Leitlinien gleichberechtigt Biologika oder Immunsuppressiva. Dazu weiter unten mehr.

Wie viel Kortison ist ungefährlich?

Eigentlich geht es nicht wirklich darum, wie viel Kortison gefährlich ist. Vielmehr geht es darum, dass Kortison ja nur gebraucht wird, wenn der Lupus aktiv ist. Das Ziel im Lupus-Management ist daher immer, den Lupus dauerhaft zu beruhigen, damit möglichst keine Schübe mehr kommen und du deshalb kein Kortison brauchst. 

 

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Klappt das nicht und kannst du auf eine Dauertherapie mit Kortison nicht verzichten, ist das nur ein Zeichen dafür, dass dein Lupus nicht wirklich zur Ruhe gekommen ist. Je aktiver der Lupus ist, desto mehr Kortison brauchst du, um ihn zu beruhigen.

Tipps und Tricks

Unter all deinen Lupus-Medikamenten ist Kortison in der Regel das, was deine Ärzt*in als erstes vorsichtig reduzieren und nach Möglichkeit auch ganz absetzen wird. Dafür muss deine ganz persönliche Kombination aus anderen Medikamenten gefunden werden, die deinen Lupus beruhigen und langfristig gegeben werden können. Im Idealfall wird dein Lupus also mit anderen Medikamenten so gut stabilisiert, dass du gar kein Kortison mehr brauchst.

Das klappt sehr oft, aber manchmal kann man nicht auf eine kleine Kortison-Dosis verzichten, weil bei jedem Versuch, weiter herunterzukommen, der Lupus wieder aktiver wird. Die in der Dauertherapie „erlaubte“ Dosis wurde dabei über die letzten Jahre immer weiter herabgesetzt – weil man durch neue wissenschaftliche Daten gesehen hat, dass bei höheren Dosierungen doch über die Zeit ein zu hohes Risiko für Nebenwirkungen und insbesondere zunehmende Organschädigungen besteht.

Tipps und Tricks

„Die europäischen Lupus-Leitlinien von 2023 definieren 5 mg/Tag als Obergrenze für das Kortison in der Dauertherapie, betonen aber auch, dass immer versucht werden sollte, es ganz abzusetzen. Auch 5 mg/Tag oder weniger sind nicht komplett ohne Nebenwirkungs-Risiko. Aber wenn es mit allen verfügbaren Maßnahmen gar nicht gelingt, weiter runterzukommen, werden 5 mg/Tag zumindest als ‚tolerierbar‘ eingestuft."

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin, Universitätsklinikum Düsseldorf
Co-Autorin der deutschen und europäischen Lupus-Leitlinien

Warum die Dosis nicht leichtfertig stark reduziert werden soll

Jede Dosisveränderung und insbesondere auch jede Reduktion des Kortisons muss gut mit der Ärzt*in abgestimmt werden. Das Risiko ist dabei immer ein neuer Lupus-Schub. Deshalb solltet ihr beide euch so gut wie möglich sicher sein, dass man die Dosis-Reduktion wagen kann, weil der Lupus ruhig ist – auch in den Laborwerten. Außerdem drohen bei einem plötzlichen Absetzen oder einer zu schnellen Reduktion von Kortison gefährliche Mangelerscheinungen des Körpers. Während man am Anfang noch größere Schritte macht, wird das Kortison zum Schluss nur noch ganz langsam in kleinen Schritten reduziert. Das ist wichtig, damit euer Körper die eigene Hormonproduktion wieder „hochfahren“ kann

Wie kann ich Kortison einsparen?

Nicht du allein solltest Kortison einsparen, sondern jede Veränderung der Dosis und auch die Gesamtstrategie rund um dein Kortison musst du unbedingt mit deiner Ärzt*in abstimmen. Eine wichtige Voraussetzung fürs Einsparen von Kortison ist, dass ihr beide das auch wirklich zum Ziel habt. Du als Betroffene*r hast vielleicht schon erlebt, wie schnell und zuverlässig dir Kortison hilft. Viele Patient*innen möchten deshalb gar nicht ganz darauf verzichten. Gleichzeitig fühlen sich auch viele Ärzt*innen wohler, wenn sie ein bisschen Kortison zur Sicherheit „drin“ behalten.

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Wichtig ist: das Kortison soll ja nicht auf Biegen und Brechen abgesetzt werden, sondern du sollst einfach so viel bzw. so wenig Kortison bekommen, wie du brauchst (denke an die Waage weiter oben). Ist dein Lupus komplett beruhigt, brauchst du kein Kortison mehr. Seht ihr aber bei euren Versuchen, die Dosis zu reduzieren, immer wieder eine zunehmende Lupus-Aktivität, werdet ihr ein paar Milligramm Kortison beibehalten – auch wenn wir uns jetzt wiederholen: Es sollten langfristig jedoch nicht mehr als 5 mg am Tag sein. Wenn du fachlich noch ein bisschen tiefer einsteigen möchtest, haben wir dir unter dem Stichwort Kortison hier ein paar Links zusammengestellt.

 Ein möglicher Weg in kleinen Schritten

Es gibt einige Strategien und Ansatzpunkte, die helfen können, das Kortison langsam zu reduzieren und vielleicht irgendwann sogar in kleinen Schritten ganz abzusetzen:

  • Den Lupus bestmöglich beruhigen

    Euer gemeinsames wichtigstes Therapieziel ist sowieso immer, den Lupus bestmöglich zur Ruhe zu bringen = dauerhaft „in Remission“. Wenn dein Lupus beruhigt ist, wirst du einfach kaum noch Kortison brauchen. Denn wo keine akute Entzündung ist, wird auch keine Entzündungshemmung gebraucht. Zu einem optimal eingestellten Lupus kannst du selbst viel beitragen, zum Beispiel über die Ernährung, über Bewegung und einen guten Sonnenschutz.

  • Hydroxychloroquin

    Das Lupus-Basismedikament Hydroxychloroquin hat viele klar nachgewiesene Vorteile. Durch seine krankheitsberuhigende Wirkung hilft es auch, Kortison einzusparen. Wenn du es verträgst, solltest du es unbedingt dauerhaft nehmen. Es ist beim Lupus das Basismedikament.

  • Weiteres Medikament

    Gelingt es nicht, das Kortison (zusätzlich zu Hydroxychloroquin) auf maximal 5 mg/Tag zu reduzieren, empfehlen die aktuellen Leitlinien, den nächsten Therapieschritt zu gehen. Ein weiteres Medikament wird dazugegeben, um den Lupus besser zu beruhigen und dadurch auch das Kortison reduzieren zu können. Hier hat man die Wahl, entweder ein Biologikum zu geben oder ein Immunsuppressivum. Sobald diese Medikamente langsam ihre Wirkung entfaltet haben, kann man mit einer Kortison-Reduktion beginnen. Sie werden oft auch langfristig eingesetzt, um Kortison einsparen zu können. Manchmal muss man eine Weile probieren und dabei immer wieder die Krankheitsaktivität kontrollieren, bis man herausgefunden hat, welche Kombination von Medikamenten für die einzelne Patient*in die individuell beste ist. Am Ende sollte der Lupus durch diese Medikamente idealerweise so gut beruhigt worden sein, dass man das Kortison in kleinen Schritten ausschleichen kann.

  • „Puls-Gabe“

    Oft ist es sinnvoll, bei einem Schub oder hoher Krankheitsaktivität erst mal mehr Kortison zu geben – als „Puls-Gabe“, meist erfolgt das intravenös. Damit wird die Entzündung einmal „durchbrochen“ und dann kommt man oft mit dem Kortison schneller wieder auf niedrigere Dosen.

Mehr zu den erwähnten Medikamenten findest du hier und zu Leitlinien hier.

Schau dir doch mal an, was Martin Krusche, Facharzt für Innere Medizin und Rheumatologie, über Kortison sagt:

Dr. Krusche

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Behalte dein Kortison gut im Auge.

Vereinbare mit deiner Ärzt*in ein klares Kortison-Ziel. Bleibt zusammen am Ball, es zu erreichen, indem ihr deinen Lupus zur Ruhe bringt. Reduziert gemeinsam dein Herz-Kreislauf-Risiko – für ein langes und gutes Leben mit deinem Lupus.

NP-DE-LPU-WCNT-240032, Sept 24

Die LupusCheck-Expert*innen

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum 
Hamburg-Eppendorf
 

Das LupusCheck Expertenteam

Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz