Impfungen bei Lupus
Menschen mit Lupus haben meist ein erhöhtes Risiko für Infektionen. Zum einen weil der Lupus das Immunsystem so beschäftigt, dass es weniger Reserven für die Infektabwehr hat. Zum anderen können notwendige Medikamente das Immunsystem schwächen, z. B. Kortison oder anderer Immunsuppressiva. Viele Krankenhausaufenthalte Lupus-Betroffener gehen auf Komplikationen durch Infektionen zurück – Infektionen, die man mit den richtigen Maßnahmen vielleicht hätte vermeiden können. Nicht nur die Infektionen selbst können ernsthaft sein, sie können auch den Lupus-Verlauf negativ beeinflussen. Daher sind alle Maßnahmen zum Infektionsschutz wichtig: auch ein vollständiger Impfstatus mit allen empfohlenen Impfungen. Hier erfährst du mehr.
Warum impfen?
Ein guter Impfschutz ist bei Lupus-Betroffenen aus mehreren Gründen besonders wichtig. Bei ihnen kann das Infektionsrisiko aufgrund der Erkrankung, aber auch als Nebenwirkung der notwendigen Therapien um das Zwei- bis Dreifache erhöht sein. Außerdem können viele Infektions-Erkrankungen bei Lupus-Betroffenen schwerer verlaufen oder gar zusätzliche Krankheitsschübe auslösen.
Eine Impfung stellt die sicherste und einfachste Vorbeugung einer Infektionskrankheit dar. Gut zu wissen und für dich sicher beruhigend: Es gibt für keine in Deutschland zugelassenen Impfstoffe keine Hinweis, dass sie eine Autoimmunerkrankung verursachen oder einen Schub einer bestehenden Erkrankung auslösen können.
Alarmierend niedrige Impfraten bei SLE-Patient*innen in Deutschland
Dass viel zu wenige Lupus-Patient*innen ausreichend geimpft sind, zeigen Ergebnisse der deutschen Lupus-Langzeitbeobachtung (LuLa), die viele Angaben von Betroffenen zu ihrer Lupus-Erkrankung und dem Leben damit sammelt. Die niedrigen Raten für einige der wichtigsten Impfungen, wie z. B. gegen Tetanus, Influenza, Pneumokokken und Meningokokken, zeigen eine große Versorgungslücke auf.
Woran das liegt? Oft ist einfach nicht klar genug, wer sich dafür zuständig fühlt. Vielleicht denkt die Rheumatolog*in, dass die Hausärzt*in sich um die Impfungen kümmert und umgekehrt. Vielleicht gibt es auch Unklarheit darüber, welche Impfungen bei einem Menschen mit Lupus gemacht werden sollten. Am besten, du behältst das auch selbst im Blick und fragst aktiv nach. Nimm das unbedingt ernst, denn am Ende hast du die Infektionen und das damit verbundene Risiko.
Bevor du das Impfen direkt auf deine Liste mit Themen fürs Arztgespräch setzt, haben wir noch einige Informationen über Impfungen für dich.
Wie wirken Impfstoffe?
In aller Kürze: Impfstoffe können vor Infektionskrankheiten schützen, indem sie das Immunsystem zur Herstellung von schützenden Antikörpern und Vermehrung bestimmter Immunzellen anregen. Das kann auf zwei Wegen geschehen:
- Aktive Immunisierung
Hier wird der Erstkontakt mit einem Krankheitserreger nachgeahmt. Als Impfstoff werden Erreger (abgeschwächt oder tot) oder einzelne Moleküle des Erregers injiziert. - Passive Immunisierung
Hier werden Antikörper verabreicht. Diese Art der Immunisierung kann beispielsweise bei bereits erfolgter Infektion ungeimpfter Personen notwendig werden.
Wenn du tiefer in das Thema einsteigen möchtest, kannst du auf der Website des Verbands der forschenden Arzneimittelhersteller hier mehr lesen.
Welche Impfstoffe für Lupus-Betroffene geeignet sind
Sogenannte Totimpfstoffe enthalten nur abgetötete Erreger oder Bruchteile von diesen, daher können sie die Krankheit, gegen die sie gerichtet sind, nicht selbst auslösen. Somit sind sie auch bei Immungeschwächten uneingeschränkt empfohlen.
Im Unterschied dazu enthalten Lebendimpfstoffe abgeschwächte, vermehrungsfähige Erreger. Wenn du mit Immunsuppressiva behandelt wirst, solltest du NICHT mit Lebendimpfstoffen geimpft werden, weil es dann ein Risiko für eine Erkrankung durch abgeschwächte Impfviren gibt.
Welche Impfungen sinnvoll sind
Besprich mit deiner Ärzt*in, welche Impfungen du wann bekommen solltest, um bestmöglich geschützt zu sein. Folgende Impfungen werden von den Rheuma-Spezialist*innen der „European Alliance of Associations for Rheumatology“ (EULAR) als besonders wichtig hervorgehoben:
Warum der Impfstatus deines Umfelds wichtig ist
Viele Menschen mit Lupus entwickeln nur eine abgeschwächte Impfreaktion, das heißt, der Körper bildet einen geringeren Impfschutz aus als der eines gesunden Menschen. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn der Lupus sehr aktiv ist oder für die individuelle Therapie eher aggressive Medikamente notwendig sind. Dann sollte auch immer das direkte Umfeld – z. B. Familie, Partner*in – gut durchgeimpft werden. So umgibt die Menschen mit Lupus sozusagen ein zusätzlicher äußerer Schutzschild gegen Infektionen. Denn wenn die Menschen im Umfeld nicht krank werden, können sie auch keine*n Lupus-Betroffene*n anstecken.
Falls du Bedenken hast, dich impfen zu lassen
Einige Menschen – auch Lupus-Betroffene – stehen Impfungen skeptisch gegenüber oder haben schlechte Erfahrungen gemacht. Die Gründe, sich nicht impfen zu lassen, sind ganz unterschiedlich, wie Ergebnisse der deutschen Lupus-Langzeitbeobachtung (LuLa) zeigen:
Es lohnt sich, etwas genauer hinzuschauen
Viele Zweifel gegen Impfungen halten sich seit Jahrzehnten – sie beruhen aber auch auf Jahrzehnte alten Studien. Die Medizin entwickelt sich aber extrem schnell weiter. Um heutzutage eine Zulassung zu bekommen, müssen für Impfstoffe riesige Mengen an Daten ermittelt und zusammengestellt den Behörden eingereicht werden.
Die vorgelegten Daten müssen belegen, dass die Impfungen wirken und eine Infektionskrankheit mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindern können. Sie müssen auch nachweisen, mit welchen Nebenwirkungen sie verbunden sind. Nur wenn die Bilanz zwischen der Wirkung der Impfung und den möglichen Nebenwirkungen deutlich positiv ausfällt, werden Impfstoffe überhaupt zugelassen. Jede nach der Zulassung auftretende Nebenwirkung muss gemeldet und regelmäßig den Arzneimittelbehörden vorgelegt werden. Nutzen und Risiko werden so fortlaufend weiter bewertet, eine Besonderheit würde sofort auffallen und begutachtet werden.
STIKO-Empfehlungen auch für Menschen mit Immunschwäche
In Deutschland sieht sich die STIKO, die Ständige Impfkommission am Robert-Koch-Institut, alle Impfstoffe noch mal ganz genau an und entscheidet, ob und für welche Patient*innen ein Impfstoff empfohlen wird. Viele wichtige Impfungen empfiehlt sie ganz besonders für Menschen mit Immunschwäche, wie sie auch Menschen mit Lupus haben.
Für die zugelassenen Impfstoffe wurde also gezeigt, dass geimpfte Menschen deutlich besser vor bedrohlichen Infektionen geschützt sind als Ungeimpfte. Das Risiko, als Ungeimpfte*r eine schwere Infektion zu bekommen, die auch einen Lupus-Schub auslösen kann, ist wesentlich größer als das mit einer Impfung verbundene Risiko.
Und wie ist das mit Nebenwirkungen?
Alles, was im menschlichen Körper eine gewünschte Wirkung haben soll, kann auch Nebenwirkungen haben. Jedes Medikament und jeder Impfstoff hat sein eigenes Profil an möglichen bekannten Nebenwirkungen. Die meisten von ihnen sind leicht und vorübergehend. Oft treten leichte Erkältungssymptome, etwas Fieber oder ein Schlappheitsgefühl auf – und oft gehört das auch zur Impfreaktion deines Körpers. Es zeigt an, dass dein Immunsystem auf den Impfstoff reagiert und sich damit beschäftigt – deshalb sind die Symptome oft auch so ähnlich wie bei leichten Infektionskrankheiten. Wenn stärkere Beschwerden auftreten oder Symptome, die nicht im Beipackzettel stehen oder im ärztlichen Gespräch genannt wurden, kontaktiere deine Ärzt*innen lieber einmal zu viel als zu wenig. Denn es kann immer auch eine echte Infektion dahinterstehen – oder deine Lupus-Erkrankung.
Auch über Impfungen entscheidest du selbst.
Besprich dich gründlich mit deiner Ärzt*in. Stelle alle Fragen und du wirst sehen, dass viele mögliche Bedenken ausgeräumt werden. Trotzdem kann es Einzelfälle geben, in denen du dich einmal gegen eine Impfung entscheidest. Es ist dein Lupus.
NP-DE-LPU-WCNT-230024, Oktober 23
Die LupusCheck-Expert*innen
Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf
PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg
Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg
PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum
Hamburg-Eppendorf
Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz