Mehr Infos zu Biologika

Biologika, auch „Biopharmazeutika“ genannt, sind moderne Medikamente, die sich in vielen Punkten grundlegend von herkömmlichen Medikamenten unterscheiden. Viele andere Medikamente haben eine definierte Molekül-Struktur, sind eher klein und können relativ einfach im Labor hergestellt werden. Biologika haben eine komplexe Struktur und sind 200- bis 1000-mal größer. Sie ähneln unseren körpereigenen Eiweißen (Proteinen) oder sind sogar mit ihnen identisch. Das hergestellte Medikament wirkt ganz gezielt an dem Ort oder auf den körpereigenen Prozess, für den es entwickelt wurde. So kann es zum Beispiel exakt einzelne Stoffwechselwege blockieren, indem es an bestimmte Angriffspunkte (Rezeptoren) „andockt“ und so verhindert, dass die krankheitsauslösenden körpereigenen Eiweiße sich dort binden und wirken können. Sie richten sich beispielsweise spezifisch gegen entzündungsfördernde Botenstoffe (sog. Zytokine, wie z. B. Interferon, BLyS, Interleukine) oder direkt gegen Immunzellen, wie etwa B-Zellen, T-Zellen. Zu den Biopharmazeutika gehören beispielsweise Insulin oder monoklonale Antikörper, die auch beim Lupus eingesetzt werden.

Herstellung1

Der Herstellungsprozess von Biologika unterscheidet sich grundlegend von dem anderer Medikamente, denn er erfolgt mit einem lebenden System. Alle Werkzeuge zur Herstellung der komplexen Biopharmazeutika befinden sich in unseren Zellen. Wir müssen ihnen lediglich die „Bauanleitung“, die genetische Information, für den neuen Wirkstoff geben. Dafür muss man zunächst die geeignete Zelllinie auswählen und diese Zellen dann im Labor so verändern, dass sie sich nahezu unbegrenzt vermehren können und dabei ganz exakt den gewünschten Antikörper herstellen. Für die nachfolgende Produktion des Arzneimittels müssen optimale Bedingungen geschaffen werden: Temperatur, Nährstoffgehalt, Sauerstoffzufuhr – alles muss stimmen, damit das Medikament in konstanter Qualität und mit exakt den gleichen Eigenschaften entsteht. Die Herstellung ist extrem komplex und vielschrittig. Strenge Qualitätskontrollen bewerten über den gesamten Herstellungsprozess und im hergestellten Medikament eine Vielzahl an Faktoren.

1: Transparenzhinweis: Informationen zu den Biologika sind zum Teil der Websites der Unternehmen Amgen („5 Fakten über Biopharmazeutika“ hier) und Abbvie („Herstellungsprozess“ hier) entnommen. Dort sind teilweise noch weitergehende Informationen einsehbar. 

Einsatz

Biologika gewinnen insbesondere in der Onkologie (Krebstherapie) und der Immunologie zunehmend an Bedeutung und haben bei einigen Erkrankungen eine neue Therapie-Ära eröffnet. Die für den SLE zugelassenen Biologika haben extra für den SLE und/oder die Lupusnephritis ein Studienprogramm nach den heutigen hohen Standards durchlaufen. Auch sie werden zusätzlich zu den anderen Medikamenten gegeben, um die Therapieziele einer beruhigten Lupus-Erkrankung ohne Krankheitsschübe und möglichst ohne Kortison zu erreichen. Sie sind also eine Ergänzung der individuellen Therapie, können unter Umständen aber dazu beitragen, dass andere Medikamente eingespart oder sogar abgesetzt werden können. Wo ihr Platz im Therapieschema ist, unterscheidet sich für die einzelnen Biologika nach ihrem Wirkansatz, der Datenlage und dem Zulassungsstatus. 

Wie die Immunsuppressiva kann man auch die Biologika nicht in einen Topf werfen. Was sie unter dem Begriff „Biologika“ vereint, ist ihre aufwändige Herstellung in lebenden Zellen und die Tatsache, dass man diese Medikamente nicht in Tablettenform herstellen kann, sondern spritzen muss. Es gibt verschiedene Biologika-Gruppen, die am häufigsten in der Rheumatologie eingesetzten sind „Antikörper“. Diese wirken vor allem bei Autoimmunerkrankungen, wo das Abwehrsystem seine Wirkung fälschlicherweise gegen gesunde Zellen des eigenen Körpers richtet. Die Antikörper unterdrücken zielgerichtet (als sogenannte „targeted therapies“) die vermehrte Produktion von Entzündungsstoffen und die damit überschießende Immunreaktionen, und durch diese Unterdrückung soll die Immunreaktion zur Ruhe kommen. 

Genau wie bei anderen Medikamenten wird das Profil der Antikörper – ihre eigene Balance aus Wirkung und Nebenwirkungen - dadurch bestimmt, wo genau ihr spezifischer Ansatzpunkt ist und welche Prozesse im Körper sie außerdem noch beeinflussen. Inaktivieren sie Zellen oder Vorgänge, die an vielen Prozessen im Körper beteiligt sind, wird das mehr Auswirkungen haben als die ganz gezielte Inaktivierung eines sehr Lupus-spezifischen Teilschrittes.

Lupus-Website Icon Lupe
Aufgrund der beim SLE erhöhten Infektanfälligkeit ist es wichtig, immer einen guten Impfstatus zu haben. Dabei sollen Lebend-Impfstoffe vermieden werden.

Aktuell sind in Deutschland zwei Biologika für die SLE-Therapie zugelassen. Ein weiteres ist nicht zugelassen, wird aber regelmäßig eingesetzt – vor allem bei akuten schweren Organbeteiligungen.


An dieser Stelle dürfen wir dir keine detaillierten Informationen zu allen drei in Deutschland für die SLE-Therapie eingesetzten Biologika zur Verfügung stellen. 

Bitte lies die Packungsbeilage deiner Medikamente für eine vollständige Auflistung der bekannten Nebenwirkungen und Warnhinweise und frage deine Ärzt*in.

Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie bietet für Patient*innen Informationsbögen zur Therapie mit Biologika an. Du findest die Therapieinformationsbögen für die in Deutschland zur SLE-Therapie eingesetzten Biologika – in alphabetischer Reihenfolge – als PDF unter folgenden Links:

DE-LPU-WCNT-210012, Mär23

Die LupusCheck-Expert*innen

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. med. Johanna Mucke
Oberärztin,
Universitätsklinikum Düsseldorf

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Johannes Knitza
Oberarzt,
Universitätsklinikum Gießen & Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

Dr. Carolin Tillmann
Institut für Erziehungswissenschaft
Arbeitsbereich Sozial- und
Rehabilitationspädagogik,
Philipps-Universität Marburg

Das LupusCheck Expertenteam

PD Dr. med. Martin Krusche
Oberarzt,
Universitätsklinikum 
Hamburg-Eppendorf
 

Das LupusCheck Expertenteam

Prof. Dr. med. Julia Weinmann-Menke
Leiterin des Schwerpunkts Nephrologie
und Nierentransplantation,
Johannes Gutenberg-Universität Mainz